Burgstall Hinznang, Urlauer Tann, am 02.01.2021
Ein Besuch dieses Burgstalls ist wohl weniger was fürs Auge, sondern mehr für das historische Interesse.
Vom Burgstall ist kaum noch etwas zu erkennen. Sehr interessant ist, dass im Wald gegenüber bronzezeitliche Gräber
zu finden sind. Jedoch auch nur für jemanden, der genau weiss, wo sie sind (wie mein Freund R., der die Grabungen
damals besuchte).
Vor einigen Jahren war es hier noch wesentlich spannender, da im Wald hinten ein ehemaliges, großes Munitionsdepot, die Muna, lag.
Hier bin ich durch den Zaun geschlüpft und hab mir die Bunker und das Gelände angeschaut. Jetzt befindet sich dort ein Freizeitpark,
was mich eher nicht mehr interessiert.
Folgender Text:
(Quelle: Berthold Büchele, Stätten der Herrschaft und Macht, Thorbecke Ostfildern 2013, S. 280 - ein hervorragendes Buch; vielen Dank dafür!)
An der Südspitze des Urlauer Tanns, westlich vom Weiler Hinznang, weist die topographische Karte Grabhügel aus. Sie befinden sich am Rand
einer Hochebene, die im Westen 25 m steil ins Tal der Eschach abfällt.
Auf dem westlichen Zipfel wurde bisher eine Befestigung angenommen, da die Spitze scheinbar durch einen Wall und einen flachen Graben
abgeschnitten ist.
In dem Wall wurden zahlreiche bronzezeitliche Scherben gefunden. Es ist noch nicht geklärt, ob diese aus einem oder mehreren Grabhügeln
stammen und wann dieser Wall aufgeschüttet worden ist. Mauerreste finden sich jedenfalls keine.
Geschichtliche Notizen:
Mangels schriftlicher Aufzeichnungen, besonderer Geländespuren und Mauerresten lässt sich nicht eindeutig sagen, ob es sich nur um eine
frühgeschichtliche Anlage oder auch um einen mittelalterlichen Burgstall handelt.
-Ende Zitat-
07.09.2020
Das Westallgäu als Brücke im europäischen Wirtschaftsraum der Bronzezeit
Schon vor mehr als 3.000 Jahren investierten Menschen in Regionen, um vom Handel zu profitieren, sagt ein Team des Sonderforschungsbereichs
RessourcenKulturen der Universität Tübingen
Tübinger Archäologinnen und Archäologen stellen fest, dass in der Bronzezeit transeuropäische Handelswege das bei Klima und Böden ungünstige
Westallgäu attraktiv machten.
Das Westallgäu in der Region um die heute wachsende Stadt Leutkirch war bereits vor mehr als 3.000 Jahren, in der Bronzezeit, dichter besiedelt
als bislang angenommen. Das ergaben jüngste Arbeiten von Forscherinnen und Forschern aus der Archäologie und Geografie im Sonderforschungsbereich 1070
RessourcenKulturen der Universität Tübingen. Dabei sei die Region mit feuchtem Klima und langen harten Wintern kein besonders günstiger Siedlungsraum
gewesen, so das Team. Die schmelzenden Gletscher der letzten Eiszeit hätten kiesige Böden hinterlassen und die Region liege höher als die angrenzenden
Gebiete im Norden und Westen, die wärmer seien und über bessere Böden verfügten.
Diese Nachteile wurden aus Sicht der prähistorischen Menschen offenbar durch die günstige Lage an großen Fernhandelsrouten wieder wettgemacht.
Erste Ergebnisse der Nachforschungen wurden in der neuesten Ausgabe der Archäologischen Ausgrabungen in Baden-Württemberg, dem Jahrbuch
der Landesdenkmalpflege, veröffentlicht.
Das Forschungsteam führt seit 2017 Ausgrabungen bei Leutkirch durch, die unter anderem eine befestigte Bergkuppe zutage brachten;
Grabhügel markieren ein zugehöriges Gräberfeld, und im darunter liegenden Tal befanden sich weitere Siedlungen.
Bodenanalysen zeigten weit verbreitete Erosion in dieser Zeit, was darauf hindeutet, dass um 1500 v. Chr. Wälder abgeholzt wurden,
um Nahrung für eine Bevölkerung beträchtlicher Größe anzubauen.
„Der Umfang der bronzezeitlichen Besiedlung, der jetzt deutlich wurde, verändert unser ganzes Bild von der Region zu dieser Zeit“,
sagt Benjamin Höpfer, Doktorand im Teilprojekt „Gunst – Ungunst? Ressourcenerschließung in Marginalräumen“.
„Das prähistorische Allgäu war keineswegs menschenleer. In der Bronzezeit dürfte es – ähnlich wie heute – viele einzelne Höfe
und einige kleine Dörfer gegeben haben.“
Wachsende Bedeutung des Fernhandels
Warum aber entschieden sich die Menschen der Bronzezeit für ein Leben an einem kalten, nassen Ort auf steinigem Boden?
Das habe mit der günstigen Lage des Allgäus zwischen Alpen, Donau, Iller, Rhein und Bodensee zu tun – allesamt wichtige Verkehrsadern,
so das Forschungsteam. Es habe eine Brücke zwischen den Regionen in einem breiten, gesamteuropäischen prähistorischen Wirtschaftsraum gebildet.
„Selbst die Alpen waren nicht nur ein Hindernis, sondern auch eine wichtige Handelsdrehscheibe. Der Fernhandel wurde immer wichtiger, und dabei
spielten Flusstäler als Wegstrecken und Höhenzüge als Orientierungspunkte eine wichtige Rolle“, erklärt Höpfer. Im ganzen Alpenvorland gibt es
entlang der Flüsse und an den Seen viele Fundstellen, an denen auch Importwaren nachgewiesen wurden, etwa Kupfer aus den Ostalpen und Zinn aus
Cornwall für die damaligen Bronzelegierungen. Kupfer, Zinn, Bernstein – diese und viele andere Rohstoffe seien entlang der hier verlaufenden
Routen gehandelt worden. Neu sei, dass im Westallgäu parallel dazu nun auch eine dauerhafte bäuerliche Besiedlung nachgewiesen wurde.
Gleichzeitig sei die Bronzezeit ein Zeitalter großer technischer Innovationen gewesen, betont Höpfer. Die Metallbearbeitung lieferte neue
Werkzeuge. Die Bronzesichel erleichterte den Bauern, nicht nur Getreide, sondern auch Stroh und Heu zu ernten. Diese wurden an Tiere verfüttert,
die Milch, Fleisch, Häute und Wolle lieferten. Kreuzungen führten zu neuen, widerstandsfähigeren Getreidesorten, darunter auch Dinkel,
und zu Tieren, die sich an härtere Bedingungen anpassen konnten. All dies machte das Leben auch im Westallgäu attraktiver. Mit ihrer Arbeit
investierten die Menschen in das Land, um an einer wichtigen Handelsroute leben zu können. „Sie akzeptierten nicht nur passiv, was die Natur
ihnen bot. Das verändert unser Bild von den prähistorischen Menschen.“
Das Allgäu ist bisher auf der archäologischen Landkarte weitgehend leer geblieben. „Das ist auch darauf zurückzuführen, dass die Region weit
entfernt von den Universitäten und den zuständigen Denkmalschutzbehörden liegt. Es wurde weniger gegraben, und Baustellen, bei denen oft
archäologische Überreste freigelegt werden, konnten weniger gut beaufsichtigt werden als andernorts“, erklärt Höpfer. Gerade in Zeiten des
anhaltenden Baubooms gäbe es noch viel zu entdecken. „Wir haben nur an der Oberfläche gekratzt“, sagt er.
Publikation:
Benjamin Höpfer/Simon Werner/Sascha Scherer/Doris Schmid/Thomas Scholten/Peter Kühn/Thomas Knopf, Talsiedlung – Höhensiedlung – Bestattungsplatz?
Weitere Forschungen zur bronzezeitlichen Besiedlung des Westallgäus bei Leutkirch, Kreis Ravensburg. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2019, 2020, 24-27.
Ein typischer Allgäuer Wintertag
Wenig Schnee, kalt, windig, bewölkt
Im Hintergrund der Burgstall
Hier sind die bronzezeitlichen Gräber, man kann eigentlich nichts erkennen
Auf dem Burgstall, auch schwer erkennbare Geländeformen
Im Hintergrund die Andeutung eines Grabens
Der Burgstall von unten
Schöner Allgäuer Hof
Gegenüber nochmal der Burgstall