Burg Gerazreute
(Quelle: Berthold Büchele, Stätten der Herrschaft und Macht, Thorbecke Ostfildern 2013, S. 67-68 - ein hervorragendes Buch; vielen Dank dafür!)
Ein runder Hügel, Schlossbuckel genannt, an der Abzweigung der Strasse von Gerazreute zu Haldenberg
bei Gießen/Argenbühl. Ein Gedenkstein erinnert an die kleine Burg.
Sie ist ein Musterbeispiel eines künstlich errichteten Burghügels, auf dem nur eine Turmburg Platz hatte.
Auf der SO Seite sieht man eine leichte Rundung. Eine Terrasse im Süden und
SW könnte von einem planierten Graben stammen. Merkt berichtete 1937, dass auf allen vier Seiten ein
aufgefüllter Graben erkennbar sei, im Süden und Norden ein Doppelgraben. Er fand
Mauerspuren in 0,15m Tiefe und hielt im Westen einen ehemaligen Weiher für möglich. Als Funde nannte er einen
Brunnentrog, einen Dolch und kleine Hufeisen. Um 1950 muss der Grabenrest
noch zu sehen gewesen sein. Angeblich soll ein unterirdischer Gang auch hier zur Burg Haldenberg geführt haben.
Geschichtliche Informationen:
Die Herren von Gerazreute waren vermutlich montfortische Ministerialen, evtl. aus dem Kreis der Eglofser Freien
stammend. Die Grafschaft Eglofs jedenfalls hatte alle Hoheitsrechte
über die Kleinherrschaft, deren Inhaber nur die Fronhofgerechtsame besaßen. Vielleicht hatte die Burg die Funktion,
an der Nahtstelle zwischen den Haldenbergischen, Ratzenrieder und
Eglofser Gebieten Besitzrechte zu wahren. Die Kleinherrschaft Gerazreute ist irgendwann und aus unbekanntem Grund
österreichisches Lehen geworden.
1269 wurde ein Ludwig von Geroldsrutin als Zeuge im Kloster Kempten, wo er Mönch war, neben anderen Adeligen der
Region genannt, 1273 ein Heinrich von Gerhartesreit ebenfalls in Kempten
und in der Gegend von Gestratz als Zeuge unter montfortischen Ministerialen. 1288 war Rudolf gen. von Gerazreute
ebenfalls Mönch im Kloster Kempten. In den nächsten Jahrzehnten - vielleicht
mit diesem Mönch - starb die Familie von Gerazreute aus oder wanderte in die Stadt ab. Ein letztes Mal erschien
der Name 1412.
Sicher ist, dass schon 1380 Burk Hüss in der Burg wohnte, 1382 dann Lutz Sürg, der Vetter des Lutz Sürg von Siggen;
Lutz Sürg von Gerazreute wurde 1382 für 5 Jahre Bürger zu Ravensburg.
Die Sürgen lebten trotzdem weiterhin als Ausbürger(Bürger mit städtischen Bürgerrechten, die aber ausserhalb einer
Stadt wohnten) auf der Burg Gerazreute. 1427 nannten sich die Brüder Lutz
und Erhart Sürg gesessen zu Gerazreute. 1451 gab Lutz sein Lehen Gerhartsreute, bestehend aus Hof, Burggesäß und
Behausung, für seinen Bruder, Erhard Sürg auf, der es aber 1453 an Clemens
Ankenreute, Bürger von Ravensburg, verkaufte. Das Burgkgesäß und Behausung, zween Paumgarten, 2 Jauchert Ackers,
ain Wisen genannt Brunnenwiß´, die Vischgrub, alles zu Gerazreutin als österreichisches
Lehen, zusätzlich als freies Eigen den Hof zu Sorreite und den zum Handwerks, das Vogtrecht aus dem Gut zu Stall
und Bimisdorf und die Fischerei in Gießen.
Im gleichen Jahr bestätigte Herzog Sigmund von Österreich den Verkauf und die Belehnung an Clemens Ankenreute,
1497 tat dies König Maximilian ein weiteres Mal. 1530 kam das Lehen von Veronika
Ankenreutin an deren Gatten, den Ravensburger Stadtschreiber Hans Christoph Tafinger, und von ihm 1553 an
Sebastian von Ratzenried. Wann die Burg aufgegeben oder zerstört wurde, ist unbekannt.
Jedenfalls ist sie auf der Landtafel von Wangen von 1617 nicht mehr abgebildet. Das Lehen blieb bei den Herren
von Ratzenried bis zur Mediatisierung 1806.
Die Burg ist in folgender Tour zu finden: