Ein Kreuz und seine Vergangenheit - das Feldkreuz am Schwarzen Bach bei Sulzberg (Österr.)



Seit 270 Jahren steht ein Feldkreuz am Schwarzen Bach, direkt an der Straße zwischen Oberreute und Sulzberg. Es steht
an dem Ort, an dem 1744 unter anderem beherzte, mutige Frauen den gefährlichen Angriff von schwer bewaffneten französischen
Truppen erfolgreich abwehren konnten.
Doch der Zahn der Zeit nagte an dem Arma-Christi-Kreuz. Bereits 2010 sanierte der Oberreuter Heimatdienst das Feldkreuz
und heuer (2021) war es wieder so weit. Nach der abgeschlossenen Instandsetzung erstrahlt es nun nicht nur in neuem Glanz;
an ihm wurde auch eine Infotafel befestigt, die Vorbeigehende über die Geschichte, die mit dem Kreuz zusammenhängt,
informiert.

Über 275 Jahre ist es her, aber gerade deswegen ist es von großem Interesse, auf die Lebensumstände von damals zurück-
zublicken, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Das Westallgäu gehörte bis 1806 zu Vorarlberg und damit zum
mächtigen Habsburgerreich.
1740, nach dem Tod Kaisers Karl VI., bestieg seine Tochter Maria Theresia den Thron. In dem anschließenden Erbfolgekrieg
stellten mehrere Europäische Fürsten eigene Ansprüche an das römisch-deutsche Kaisertum. So erhob Friedrich II. von
Preußen seinen Anspruch auf Schlesien.
Preußen verbündete sich mit Frankreich und Frankreich erhoffte sich dadurch eine Schwächung seines Erzfeindes, des habs-
burgischen Österreich.
Dieser Krieg währte von 1740 bis 1748.
Als König Friedrich II. von Preußen 1744 in Böhmen eingefallen war, zog Karl von Lothringen, der kaiserliche habsburgische
Feldherr, seine Truppen vom Rhein ab, um sie im Osten gegen die Preußen einzusetzen.
Damit war für die französische Armee der Weg Richtung Bodensee frei. Ein Dokument aus dem Vorarlberger Landesarchiv beschreibt
die Vorgänge in unserer Region.
Gebhard Blank, Heimatforscher aus Sulzberg, befasste sich eingehend mit diesem Schriftstück, und übersetzte es in die heutige
Schreibweise.

Am 9. Oktober 1744 musste sich Konstanz den Franzosen ergeben. Die Vorarlberger Landwehr zog sich rechtzeitig zurück und konnte
mit vier Schiffen samt Kanonen und Munition nach Bregenz auslaufen, wo sie die Verteidigungsstellungen rings um Bregenz be-
setzte. Eine französische Flottilie erschien vor der Mehrerau, brach jedoch im Feuer der Verteidiger zusammen. Ein Schiff sank,
zwei wurden beschädigt.
Nun drangen 9000 Franzosen über die Leiblach nach Bregenz vor. Der Oberkommandierende der Franzosen, Prinz von Clermont, schlug
sein Hauptquartier in Hörbranz auf. Als der Vorarlberger Landsturm sich jetzt auch an der Verteidigung von Bregenz beteiligte,
scheiterte das Vorrücken der Franzosen am 29. und 30. Oktober 1744 unter hohen Verlusten.

Nach diesen missglückten Angriffen ließ der Oberkommandierende der Franzosen 1200 Mann zu Fuß und 200 Reiter nach Weiler vorrücken.
Die Vorarlberger erkannten die Gefährlichkeit der Lage. Seit dem 28. Oktober wurde in aller Eile die Verteidigungslinie im
Rothach- und Weißachthal in Bereitschaft gebracht. Dazu zählten die Posten Eyenbach mit Wachthütte, der Posten Sutter in Hinter-
schweinhöf, der Posten Hochsträß mit zwei Wachhütten, die Posten Gullenbach und Aach, sowie weitere Schanzposten.
Dem Ruf zum Schanzen, in der Kirche verkündet, folgten bereitwillig Jung und Alt, Frauen und Kinder.

Das Gericht Sulzberg hat "sich unter Anführung ihres Amann Martin Vögel zur tapferen Gegenwehr gerüstet." An Allerheiligen 1744
um halb acht Uhr früh rückten genannte 1400 Mann französische Infanterie und Kavallerie von Weiler nach Sulzberg vor. Die Fran-
zosen stürmten nicht alle auf einmal, sondern in einzelnen Abteilungen gegen die Schanzen - die Verteidigungsanlagen - an.
Die Landschützen aus Sulzberg und Umgebung hatten den ganzen Tag im Hochsträß beständige Feuer gegeben und die Franzosen schon
so im Vorfeld abgefangen.
Verstärkung erhielten sie nach dem Gottesdienst von weiteren Verteidigern. Das Feuer dauerte bis in die einbrechende Nacht.
"Von den Schützen wurde niemand verwundet oder getötet, obwohl ihnen die Kugeln um die Köpfe flogen."
Laut mündlicher Überlieferung hatten an der erfolgreichen Abwehr der Franzosen die Sulzberger Frauen einen erheblichen Anteil.
Sie sind ins Hochsträß geeilt, bewaffnet mit Sensen, Gabeln und Äxten, und haben dort mit Kochtöpfen, Bratpfannen und anderem
Geschirr einen ohrenbetäubenden Lärm erzeugt, der die Franzosen in Angst und Schrecken versetzte. Jedenfalls sind diese von den
Schanzen vor dem Schwarzen Bach, der heutigen Landesgrenze, unverrichteter Dinge wieder abgezogen.

Im weiteren Verlauf der Geschichte gab es viele Kriege mit Frankreich, besonders in der Zeit von 1792 bis 181 mit der französischen
Revolution. 1870 bis 1871 gab es den Deutsch-Französischen Krieg. Auch in beiden Weltkriegen stand uns Frankreich als Feind gegen-
über.
Um so erfreulicher ist es, dass Deutschland und Frankreich heute ein friedliches, freundschaftliches Verhältnis verbindet. Viele
Orte im Westallgäu haben eine Partnergemeinde in Frankreich; so Oberreute mit Nohanent.
Aus Dankbarkeit über den nun seit mittlerweile 75 Jahren währenden Frieden zu Frankreich und in Europa wurde das Feldkreuz am
Schwarzen Bach heuer durch den Heimatdienst Oberreute einer umfangreichen Renovierung unterzogen. Durchgeführt wurde sie von der
Kirchenmalerin Melanie Maurer, die Kosten von 2400 Euro für die Infotafel sowie die Instandsetzung von Dach und Glasschutz trug der
Heimatdienst Oberreute.
Autor: Heinz Mößlang, Heimatdienst Oberreute. Mit freundlicher Erlaubnis. Vielen Dank dafür!