De reich Melch



Schorsch ond Kare hocket gmietlich in dr Sonne an ihrem Stammtisch. Es isch it de
richtig Stammtisch; der stoht zwoi Tisch weiter voana. A echtar Stammtisch isch ja
moischtens rund ond hot so a Glocke druff stau. Schorsch ond Kare moinet, des wär
a Schmarre, drum hocket se do it na ond hand sich an oigene Stammtisch, hinda im
Eck rausgsucht. Viel los isch grad it im Fleacke ond drum geits au it viel zum
schwätze. D Lizzy bringt jedam sei Bier ond im Weggau sait se no kuz: "Hand ihr
scho ghert, de reich Melch isch nächt gstorbe."

Dr Melch war a altar, armar Flüchtling. Vom Oste her isch ar komme ond hot beim
Koppach dond in am bessre Stadel ghauset. Lang, dürr ond käsweiss isch ar gwea.
Mit seinem ausblichene blaue Arbatshäs ond am große Hut isch ar allat dur de Fleacke
gstolpret. Viel gsait hot ar it. Ma hot au it viel von m wisse welle, so war des
detmols. In schiefe Hütta hand die Flüchtling vom Krieg vertriebe, ghauset, arm
ond primitiv. Es hot nix besseres glitte. Oft hand se blos a Wasser aus m Trog vor
m Haus ghet, a Klo wär do scho a Luxus gweah.

"De reich Melch, so, so", sait de Kare, "der war no oinar vo de Letschte, die so
richtig arm waret. A oifachar Kerle war ar, hot kaum was gschwätzt. Vo was hot der
denn gleabt ?" De Schorsch überlegt ond moint dann: "Hm, so gnau woiss i des gar it.
I het gmoint, ar hett a kleine Rente ghet. Oi hand aber au gsait, dass ar iamol
zum Beattle gange wär oder oifache Arbata bei de Leit gmachet hett.
Du hosch reacht, der war richtig arm. Dr Melch hot in seinar Hütte donda koin Strom
ond au koi warms Wasser ghet. Der war sozusagen zwangsläufig a Naturbursche, kinnt
ma sage. Aber halt it freiwillig, gell. I glaub, do dätet die verwöhnte Bürschla,
die vom oifache Leabe in dr Natur träumet, ganz sche bled luge, wenn se so hause
müsstet, wie de reich Melch ghauset hot."

Kare sait: "Des wiad a riebige Leih weare, do wiads it viel Leit hau ond was Gscheits
zum Easse wiads au it geabe." - "Des kasch denke," erwidret de Schorsch, "aber i
gang scho na, ar war koi schleachtar Kerle. Iamol ha i eam a alte Zeitung zu lease
vorbeibrocht oder au mol a Stuck Käs oder so. Ar hot sich jedsmol reacht gfrait.
Ins Haus nei bin i aber nie gange, des war mer doch zu drecked ond elend gstunke
hot s do. Mei, so war des halt."
Nochdenklich stosset se a ond drinket an Schluck. Jedar sinnet seine Gedanke noch.

"Du los amol, Schorsch," froget de Kare dann, "Worum hot ma dean de reich Melch
ghoisse ? De war doch grad s Gegetoi vo reich."
"Ja, hosch du no nie die Gschicht vom reiche Melch ghört ?" De Schorsch wundert sich.
"Des woiss doch jedar Depp." - "Ja, drum kenn i die eabe it, du Sekkl," lachet
de Kare, "komm, verzell mers gschwind."
"Jo, des war so: dr Melch war ja scho allat arm. Halt, seit ar vom Oste als Flüchtling
noch Altusried komme isch. Woher gnau, hot ar nie gsait ond au vo seinar Famille
hot ar nix verrote. Der hot dann ja dond am Koppach in deam bessre Stadel
ghauset ond glueget, dass ar all Dag was zum Easse kriegt."
Kare druckt de Schorsch: "Jo, scho gut, des woiss i alls seal. Mach no koine so lange
Gschichta."
De Schorsch verzellt weiter: "Ja, also, de Adam war doch ganz alloi im Paradies, ond
drum hot de Herrgott eam dann d Eva gmachet..." - "Ja, du Lätsche, iatz komm", lachet
de Kare. D Lizzy bringt in deam Moment boide a frisches Bier.
Noch am gherige Schluck macht de Schorsch wieder ernst weiter:
"Also, los her, Kare. De Melch war um die Adventszeit do hinna, in dr Sonne, um sich
a bitzle aufzumwärme. Des hot ar iamol so gmachet. Grad an deam Dag war de Lehrar
Durst - ja prost - au do ond hot alle Gäscht zu ar Geldsammlung für die Ärmste Leit
im Fleacke aufgrufe. Bis zum 4. Advent soll jedar, so wie ar verma, bei dr Gusti, also
dr Mutter vo dr Lizzy, a Spende abgeabe. Die dät de Durst dann abhole ond auf
Weihnächte na m ärmste Mensche im Dorf geabe, als Weihnachtspräsent vo de
Dorfgemeinschaft, so hot ar gsait. Woisch, der hot ja studiert, gell, drum hot ar Präsent
gsait, au wenn koinar gwisst hot, was des sei soll.
Ja, des hot dr Melch au ghert und es hot ean reacht troffe. Ar woiss ja seal, was es
hoisst, arm zum sei ond drum hot ar bei der Sammlung mitgmachet. De ganz Advent dur
hot ar gsparet, wo es blos gange isch. Auf seine Wienerla am Sonntag hot ar verzichtet
ond unter dr Wuche jeden Dag a bitzle weniger Mill ond Kartoffla geasse.
Am 4. Advent isch ar dann in d Sonne gange ond hot bei dr Gusti doch glatt a paar
Mark, i glaub, es waret so 10 Mark rum, abgeabe. Ond 10 Mark waret detmols frei it
wenig Geald, gell."
Kare nickt ond loset interessiert weiter.
"Aber iatz pass auf, Kare: well dann, am Hoilig Obend, so z Mittag rum, isch de Lehrar
Durst mit dr Gusti ond no a paar Leit dann zum Melch na gange ond die hand eam des
Geld vo dr Sammlung überroicht. Well ar, so hand se gsait, oinar vo de Ärmste Leit im
Dorf isch. Bue, do hot dr Melch bled glueget. Ar war so verschrocke, dass ar s Geald
oifach agnomme hot ohne was zum sage.
Die Leit sind meh gange, zfriede, dass se a gute Tat dau hand ond de Melch isch dogstande
ond hot auf dean Haufe Geld glueget. So viel hot der sein Lebdag no it gseah."
De Kare loinet sich entspannt zruck ond sait: "Mei, isch des a nette Gschicht, grad reacht
für de Advent. Do hot sich dr Melch sicher gherig gfrait ond sich a richtig gutes
Weihnachtseasse leischte könne."

"Noi, noi, Kare, los her, die Gschicht goht weiter." De Schorsch nimmt an gherige Schluck.
"Dr Melch hot des Geld zescht amole oifach auf m Tisch flacke lau ond z Obend in dr
Christmette, do hand se an Missionar aus Afrika vorgschtellt, der über d Feierdäg beim
Pfarrar auf Bsuch war. Ond wie der vo dr Not vo seine Schäfla do in Afrika verzellt hot,
do isch dr Melch aufgstande, isch viere zum Missionar gange ond hot eam des ganze Geld
in d Händ druckt. Ohne a Wort zum sage. Dann isch ar meh naghocket ond hot dau, als ob
nix gweah wär. Ond seit deam hot ma ean de reich Melch ghoisse."

"Sappradie, sappradie, des hätt i it denkt von m. Des isch gut, ja so oinar!"
De Kare war ganz aufgregt. "Also der Melch...do gang i iatz doch au auf sei Leih, des
mach i gean. Der war wirklich a reichar Ma, der Melch."
Schorsch nickt. "Gell."





Der reiche Melch - hochdeutsche Version -

Schorsch und Kare sitzen gemütlich in der "Sonne" an ihrem Stammtisch. Es ist nicht der
echte Stammtisch, der steht ein Stück weiter vorne. Ein richtiger Stammtisch ist ja meist
rund und hat eine Glocke auf dem Tisch stehen oder von der Decke hängen. Schorsch und Kare
sind der Meinung, dies sei ein Schmarren und deshalb setzen sie sich nicht an diesen Tisch,
sondern haben sich ihren eigenen Stammtisch, hinten in der Ecke ausgesucht.
Viel ist gerade nicht los im Dorf und deshalb gibt es auch nicht viel zu reden. Die Lizzy
bringt jedem sein Bier und im Weggehen sagt sie noch kurz: "Hand er scho ghert, de reich
Melch isch nächt gstorbe."
Der Melch war ein alter, armer Flüchtling. Vom Osten her ist er gekommen und hat am Koppach
unten in einem besseren Stadel gewohnt. Lang, dürr und käsebleich ist er gewesen. In seiner
ausgeblichenen blauen Arbeitskleidung und mit seinem großen Hut ist er täglich durch das
Dorf geschlurft. Viel geredet hat er nicht. Man wollte auch nicht viel von ihm wissen, so war
das damals. In windschiefen Hütten haben die Kriegsflüchtlinge gelebt, arm und primitiv, sie
konnten sich nichts besseres leisten. Oft hatten sie nur das Wasser aus einem Trog vor dem
Haus. Eine Toilette wurde bereits als Luxus angesehen.
"De reich Melch, so, so", sagt Kare, "der war no oinar vo de Letschte, die so
richtig arm waret. A oifachar Kerle war ar, hot kaum was gschwätzt. Vo was hot der
denn gleabt ?" Schorsch überlegt und meint dann: "Hm, so gnau woiss i des gar it.
I het gmoint, ar hett a kleine Rente ghet. Oi hand aber au gsait, dass ar iamol
zum Beattle gange wär oder oifache Arbata bei de Leit gmachet hett.
Du hosch reacht, der war richtig arm. Dr Melch hot in seinar Hütte donda koin Strom
ond au koi warms Wasser ghet. Der war sozusagen zwangsläufig a Naturbursche, kinnt
ma sage. Aber halt it freiwillig, gell. I glaub, do dätet die verwöhnte Bürschla,
die vom oifache Leabe in dr Natur träumet, ganz sche bled luge, wenn se so hause
müsstet, wie de reich Melch ghauset hot."

Kare sagt: "Des wiad a riebige Leih weare, do wiads it viel Leit hau ond was Gscheits
zum Easse wiads au it geabe." - "Des kasch denke," erwidert Schorsch, "aber i
gang scho na, ar war koi schleachtar Kerle. Iamol ha i eam a alte Zeitung zu lease
vorbeibrocht oder au mol a Stuck Käs oder so. Ar hot sich jedsmol reacht gfrait.
Ins Haus nei bin i aber nie gange, des war mer doch zu drecked ond elend gstunke
hot s do. Mei, so war des halt."
Nachdenklich stossen sie an und trinken ihr Bier. Jeder geht seinen Gedanken nach.
"Du los amol, Schorsch," fragt Kare dann, "Worum hot ma dean de reich Melch
ghoisse ? De war doch grad s Gegetoi vo reich."
"Ja, hosch du no nie die Gschicht vom reiche Melch ghört ?" Schorsch wundert sich.
"Des woiss doch jedar Depp." - "Ja, drum kenn i die eabe it, du Sekkl," lacht
Kare, "komm, verzell mers gschwind."
"Jo, des war so: dr Melch war ja scho allat arm. Halt, seit ar vom Oste als Flüchtling
noch Altusried komme isch. Woher gnau, hot ar nie gsait ond au vo seinar Famille
hot ar nix verrote. Der hot dann ja dond am Koppach in deam bessre Stadel
ghauset ond glueget, dass ar all Dag was zum Easse kriegt."
Kare drängt Schorsch: "Jo, scho gut, des woiss i alls seal. Mach no koine so lange
Gschichta."
Schorsch erzählt grinsend weiter: "Ja, also, de Adam war doch ganz alloi im Paradies, ond
drum hot de Herrgott eam dann d Eva gmachet..." - "Ja, du Lätsche, iatz komm", lacht
Kare. In diesem Augenblick bringt Lizzy jedem seine nächste Halbe Bier.
Nach einem ordentlichen Schluck macht Schorsch jetzt ernsthaft weiter:
"Also, los her, Kare. De Melch war um die Adventszeit do hinna, in dr Sonne, um sich
a bitzle aufzumwärme. Des hot ar iamol so gmachet. Grad an deam Dag war de Lehrar
Durst - ja prost - au do ond hot alle Gäscht zu ar Geldsammlung für die Ärmste Leit
im Fleacke aufgrufe. Bis zum 4. Advent soll jedar, so wie ar verma, bei dr Gusti, also
dr Mutter vo dr Lizzy, a Spende abgeabe. Die dät de Durst dann abhole ond auf
Weihnächte na m ärmste Mensche im Dorf geabe, als Weihnachtspräsent vo de
Dorfgemeinschaft, so hot ar gsait. Woisch, der hot ja studiert, gell, drum hot ar Präsent
gsait, au wenn koinar gwisst hot, was des sei soll.
Ja, des hot dr Melch au ghert und es hot ean reacht troffe. Ar woiss ja seal, was es
hoisst, arm zum sei ond drum hot ar bei der Sammlung mitgmachet. De ganz Advent dur
hot ar gsparet, wo es blos gange isch. Auf seine Wienerla am Sonntag hot ar verzichtet
ond unter dr Wuche jeden Dag a bitzle weniger Mill ond Kartoffla geasse.
Am 4. Advent isch ar dann in d Sonne gange ond hot bei dr Gusti doch glatt a paar
Mark, i glaub, es waret so 10 Mark rum, abgeabe. Ond 10 Mark waret detmols frei it
wenig Geald, gell."
Kare nickt; er hört interessiert zu.
"Aber iatz pass auf, Kare: well dann, am Hoilig Obend, so z Mittag rum, isch de Lehrar
Durst mit dr Gusti ond no a paar Leit dann zum Melch na gange ond die hand eam des
Geld vo dr Sammlung überroicht. Well ar, so hand se gsait, oinar vo de Ärmste Leit im
Dorf isch. Bue, do hot dr Melch bled glueget. Ar war so verschrocke, dass ar s Geald
oifach agnomme hot ohne was zum sage.
Die Leit sind meh gange, zfriede, dass se a gute Tat dau hand ond de Melch isch dogstande
ond hot auf dean Haufe Geld glueget. So viel hot der sein Lebdag no it gseah."
Kare lehnt sich entspannt zurück ond sagt: "Mei, isch des a nette Gschicht, grad reacht
für de Advent. Do hot sich dr Melch sicher gherig gfrait ond sich a richtig gutes
Weihnachtseasse leischte könne."

"Noi, noi, Kare, los her, die Gschicht goht weiter." De Schorsch nimmt einen großen Schluck.
"Dr Melch hot des Geld zescht amole oifach auf m Tisch flacke lau ond z Obend in dr
Christmette, do hand se an Missionar aus Afrika vorgschtellt, der über d Feierdäg beim
Pfarrar auf Bsuch war. Ond wie der vo dr Not vo seine Schäfla do in Afrika verzellt hot,
do isch dr Melch aufgstande, isch viere zum Missionar gange ond hot eam des ganze Geld
in d Händ druckt. Ohne a Wort zum sage. Dann isch ar meh naghocket ond hot dau, als ob
nix gweah wär. Ond seit deam hot ma ean de reich Melch ghoisse."

"Sappradie, sappradie, des hätt i it denkt von m. Des isch gut, ja so oinar!"
Der Kare war ganz aufgeregt. "Also der Melch...do gang i iatz doch au auf sei Leih, des
mach i gean. Der war wirklich a reichar Ma, der Melch."
Schorsch nickt. "Gell."