Der Philosoph am See 15.06.91

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Da sitzt der Philosoph am See, Gast des Sonnenuntergangs. Ein Weiser wähnt er sich zu sein, ein Suchender auf den hohen Pfaden der Gedankengebirge, unberührt vom profanen Alltagsleben des kleinen Mannes.
Nicht die gewöhnlichen Banalitäten bedenkend, diese langeweileträchtigen Gegebenheiten des Lebens, sondern ergründend und betrachtend die letzten Geheimnisse des Daseins, der Existenz der Seele, der unerforschten Tiefen des kosmischen Seins.
Der Sonnenuntergang ebnet die Wege seiner Gedankengänge und führt ihn hinter die Horizonte der Einsamkeit. Dort, an der Quelle von Sein und Sinn entfaltet sich wahre Größe.
Diese bedauerlichen, einfältigen Geschöpfe, Menschen genannt, werden leider niemals begreifen und erahnen, wohl niemals die Tiefen der übergeordneten Realitäten ausloten. So oder so ähnlich müht sich der Philosoph in seinen Gedanken erfolglos ab, um sein unausgefülltes Leben, sein Versagen, seine Unfähigkeit, mit der Wirklichkeit zurechtzukommen, seinen Mängeln, die vielfältig sind, zu erklären, zu eliminieren.
So sitzt der bedauernswerte Philosoph, der ein Weiser sein will, es aber niemals sein wird, an seinem See und kämpft auf verlorenem Posten.