Allgäuer Philosophe-Däg - Dr Traum vom Schorsch



Kennet ihr die Allgäuer Philosophe-Däg ? Noi ? Ja dann loset mole zue:
Kare ond Schorsch hocket - so wie allat am Migde - in dr Sonne im Neabezimmer beim Eikehre. Iamol geits an nette Hoigate zämet, oft aber au blos an reachte Breazgemaat. Je später de Obend wiad, desto meh Breazgemaat geits, weil so ab dr sechste Halbe dann s Denke numma ganz so scharf ond klar grotet.
An oim Disch det wiad Gschofkopfet, an am andre Gsechseseachzget ond an (wenig) andre wiad oifach nix dau. An ond für sich wäret iatz de Kare ond de Schorsch au bei de Katespielar drbei, aber heit hot na s irgendwie it daugt ond so hocket se halt vor ihrar Halbe dana ond watet, bis oim ebbas zum Schwätze eifällt.
"So, so", sait dr Schorsch ond de Kare moint "Ja, ja". Dr Schorsch meh: "Woll, woll " ond dr Kare druff:"..hot s Schof ums Fiedle." Dann isch me a Weile riebig. Die Ruhe wiad blos dur s Nochbschtelle vo zwoi nuie Halbe bei dr Lissi, dr hübsche Wiatin, unterbroche. Ma ka nämlich so a frische Halbe vom Faß leichtsam ohne an Hoigate gmietlich laufe lau. Aber an Hoigate ohne so a Halbe, des wär dann scho minder.
"Irgendwie siehsch du heit it bsonders resch aus, Schorsch, gell. Hosch schleaht gschlofe oder z wenig geasse ?" M Kare isch es heit glei aufgfalle, daß dr Schorsch it ganz so muschber wie suscht drherkut. Drum isch dr Schorsch heit au itta so gschprächig: "Hm", des isch alls, was ar grad vo sich geit. "Iatz komm Schorsch, raus mit dr Schproch, was isch denn los ?" Dr Kare kennt sein Freind guet gnue, um zum wisse, wie ma ean zum Schwätze bringt. "Iatz trink mer no an Willi ond dann verzellsch mer, was los isch, gell!" Dr Willi kut, isch scho glei me weg ond dann ruckt dr Schorsch raus mit dr Schproch:"Schleacht gschlofe ha i, weil i so schleacht dreimt ha, des isch alls."
"Ja was ? Du schlofsch doch suscht wie a Russ, Schorsch, was war denn do los ? Iatz komm, verzell!" Dr Kare isch ament a bitzle neigierig wore. - "Ja mei", m Schorsch isch es it ganz wohl, dann aber geit ar sich an Ruck ond verzellt: "Also, stell dir vor, i war so richtig oglücklich, also im Traum, woisch, i war so richtig ozfriede mit mir seal. Des ha i träumt." Weil dr Schorsch iatz scho meh a Pause macht, druckt de Kare ean: "Ja ond ? Des ka doch mole sei, bisch ja eh a gschpässigar Kerle, gell. Des wiad doch it alls gweah sei!" - "Noi, noi, so isch es halt losgange." Dr Schorsch lueget zum Fenschter naus, irgendwie it ganz do. "Ja, sappradie, verzell halt weiter, Mensch, i mechts scho heit no here!" De Kare loht it luck.
"Was ? - Ach so, ja also: i war über mi seal reacht ozfriede, ond irgendwie goht mir der Traum allat no noche. I war also ozfriede, weil i so kalt ond so hethearzig gwea bi, weil mir alls am Asch vrbeigau dät ond so, woisch, weil oigentlich, au wenn i so freundlich due, mir die andre Leit ganz wurscht wäret, weil i alls mit so am große Abschtand alueg ond drum mi au nix meh so reacht juckt. Im Grund gnomme ka i sa, mir isch alls egal, hauptsach mir seal gohts so einigermaßen. Do ma ma sich seal scho bald numma, des ha i mir zescht - im Traum dinna - no denkt, aber irgendwie isch des dann au scho wurscht. Innadin, so isch mer s gweah, wär alls o kiehl ond leer. Itamole Gfühle, wie Freid oder Wehdag wäret echt. Des isch doch gschpässig, oder ?" De Schorsch lueget de Kare frogend a.
Iatz sait de Kare zeschtmole nix, dann moint ar: "Mei, des klingt scho gschpässig, hm. Ond irgendwie meh au it." Ar schüttlet leicht de Grind, ond de Schorsch verzellt weiter: "Iatz war i also so ozfriede, gell, ond dann gang i bei mir Drhoi ins Bad zum Waschbecke, was woiss i, was i do welle ha, des kasch im Traum ja it allat grad so sage. I gang also ins Bad, schtolpre über a paar alte Socka, mi hauts saumäßig auf de Bode ond mein Grind schla i mir am Eck vo de Badwanne a. Zescht hot s no reacht wehdau, dann aber bald numma. Ond stell dr vor, iatz kut s," de Schorsch macht a kuze Pause," aus mei m Grind sind lauter Kabel rausghänget, stell dr des amole vor! Iatz woisch es! Des haltsch doch it aus, a settar Schmarre!"
M Kare isch doch glatt s Maul offe stau bliebe, dann moint ar au: "Ja so a Schmarre, was soll denn des! Vo so am blöde Traum ha i ja no gar nie ghört! Ond wie goht s dann weiter ?" - "Was, wie goht s weiter," de Schorsch isch no ganz aufgregt, ar hot dean Traum no wie echt vor de Auge, "Ja verschtosch des it ? Des wars, des isch doch klar!" De Kare isch iatz a bitzle verdwirret: "Was isch klar ? Also mir isch do gar nix klar, außer daß des a reachtar Mischt isch, gell." - "Noi, noi, du verschtohsch des it, Kare, i bi dann glei aufgwacht ond i ha dann au numma gschwind eischlofe kenne, des isch ja klar, gell."
"Was ?" de Kare verschtoht allat no nix.
"Ja kapiersch du denn gar nix ? I war a Robotar, a Maschine! Koi Mensch aus Floisch ond Bluet, Menschenskind!" In seinar Aufregung haut de Schorsch mit de flache Hand auf de Tisch, daß es kracht ond d Katlar neabedet aufschreacket.
"A Robotar war i, unter ar dünne Schicht vo Haut ond Floisch war i a Maschine mit Motor, Batteria, Schräubla, Kabel ond Computerhirn oder so; wie so a Cambonator oder so!"
Dr Kare lueget ganz verschrocke drei ond sait a Weile nix meh. Sei m Gsicht ka ma richtig aseah, daß ar des zescht amole verdaue muess. Am beschte goht des mit ar frische Halbe, die kaum bschtellt, au scho kut ond dann au scho bald meh leer isch. Dr Schorsch hot natürle au oine kriegt, weil d Lissi scho woiß, wenn oinar vo deane was bschtellt, dann gilt des allat glei für boide.
"Ja so an Zuig, ja so an Zuig" sait de Kare dann blos no. Irgendwie war der Obend dann gloffe, es isch nix Gscheits me zämetgange. Dr Schorsch war ja eh miad vo sei m gschpässige Traum her ond mit m Kare war nix meh los, der hot suscht nix meh gsait.
Am nächschte Dag hand sich die Zwie dann am Obend vor m Bäre troffe. "Du, komm mol mit!" Dr Kare hot de Schorsch am Ärmel zupft ond ean in d Wiatschaft neizoge. Ar hot n ganz hindre ins Eck, an an leere Tisch, also it an de Stammtisch voana, wo se suscht allat hocket, dirigiert. Des isch m Schorsch scho amole oige vorkomme. Bevor die escht Halbe auf m Tisch gschtande isch, hot dr Kare scho losglegt:
"Schorsch, pass auf, du wiasch iatz verschreacke, aber s goht it andersch. Los her, des isch iatz nix Luschtigs, ja glei gar koi Schpässle, des isch eher gau mind, gell. Nämlich, was mir z Nächt dann no aufgange isch: lueg dir mole eisre Leit im Fleacke so a, fällt dr do bei deane nix auf ? Hubar s Done zum Beischpiel, hosch du dean scho amole gruebe gesah ? Ha ? I no nie, allat, wenn dean siehsch, isch ar am Wuele, hot kaum Zeit für an kleine Hoigate. Ar muss allat glei meh fut. Ibrall findt der a Arbat, sogar do, wo s gar koine geit. Leit hand scho gsait, ma wüsst itamole, ob der überhaupts schloft z Nacht, oder ob ar do au blos wuelet.
Oder dr Lehrar Schluckar, bei deam merkt doch au jedar, daß dean d Kind gar it intressieret, der zieht sein Schtoff dur, toilt seine Sechsar aus, daß bätscht ond de Rescht isch deam doch wurscht. Hand deine Kind it au scho oft weags deam goschet ? Also meine bald all Dag. Dr Pfarrar isch dr gleich Kerle: deam seine Predigta sind all Sonntag die gleich Leier, allat langweilig bis detnaus ond iamole kinnt ma moine, der schloft scho beim Schwätze ei, drweil sott ar doch sich gherig freie, wenn ar vom Himmel ond vo dr Herrlichkoit verzellt, die do auf eis watet. Isch dr des scho amole aufgfalle, ha ? HOsch du vo deam scho oimole a freundlichs Wort ghert oder daß ar sich mole richtig g ärgret hot ? I it."
"Iatz komm Kare, des siehsch du frei scho a wink oiseitig," dr Schorsch will sein Freind meh a bitzle rabringe, "bei eis hoissts doch, it goschet isch globet gnue, so simmer halt, du ond i doch au." Es hot aber nix gholfe, dr Kare isch nämlich no it fetig, ar lueget sich um, streckt sein Grind no näher an de Schorsch na ond sait im Verschwörarton: "Pass auf, die Siache die höret frei guet, wer woiss, wie guet! M Wiat trau i frei au it, gell, weill spendiert hot der eis no kaum a Hälbele, oder ? Ond iatz los, dr Bürgarmoischter, der isch ja a ganz a kaltar Fisch, a kaltar. Zwar isch der allat scheissfreundlich, wenn n siehsch, aber der schwätzt mer scho meh viel z süss drher. Der lobet an jedan, sait in oim Satz des ond dann glei s Gegetoi drzue. Oder ar sait it so ond it so, blos drmit dann koinar sage kinnt, ar het so oder so gsait, gell, so oinar isch des. Was juckt dean s Wohl vo eis kleine Leit ? Ha ? Gar it, iatz hosches, so isches doch. Aber iatz pass auf Schorsch, seit deam du mir des mit deam Traum do verzellt hosch, isch mer des alls eigfalle ond i ha sinniert ond sinniert, z Nacht ha i numma schlofe kenne ond je meh i überlegt ha, um so minder isch mer des alls vorkomme. Des sind it blos die Theater-Aufführunga bei eis, wo Theater gschpielt wiad: dr ganz Fleacke isch oi gotzigs Theater, ond zwar koi Komede, gell.
Denk doch noamole an dein Traum, dean mit de Kabel ond so!"
Dr Kare lueget sich verschtohle um ond zoiget so unauffällig wie s no goht, auf die andre Gäscht, die an de Tisch hocket. "Lue se dir doch a, die falsche Siache, die! Weam kasch do in d Auge luege, ohne daß di fiechte muesch ? Glitzgret it bei jedam do a kloins elektrisch Lämple hinter de Auge dinna, ha ?
D Schorsch verschrickt: "Du moinsch....?" - "Jawoll, des moin i Schorsch: des sind alls Robotar, des sind alls gar koine Leit! Dei Traum war gar koi Traum, verschtohsch ? Mir zwie Freind sind die gotzige echte Leit no do im Fleacke....obwohl...", dr Kare wiad zmole ganz weiss im Gsicht ond lueget misstrauisch, "...obwohl, amend bi i no dr Gotzig!"


Hier die Hochdeutsche Version:

Allgäuer Philosophentage - Der Traum des Schorsch -

Kennen Sie die Allgäuer Philosophentage ? Nein ? Ja dann hören Sie mal zu:
Kare und Schorsch sitzen - so wie immer am Mittwoch - im Gasthaus "Sonne" im Nebenzimmer. Manchmal kommt eine nette Unterhaltung zustande, oft jedoch auch nur bloser Unsinn. Je später der Abend wird, um so mehr Unsinn kann sich ergeben, weil so ab dem sechsten Bier dann das Denken nicht mehr ganz scharf und klar funktioniert.
An einem Tisch wird Schafkopf gespielt, an einem anderen Sechsunsechzig und an (wenig) anderen wird einfach nichts getan. An und für sich wären jetzt Kare und Schorsch ebenfalls bei den Kartenspielern dabei, aber heute hatten sie irgenwie keine Lust und so sitzen sie dann vor ihrem Bier und warten, bis einem etwas zu Reden einfällt.
"So, so" sagt Schorsch und Kare entgegnet: "Ja, ja". Schorsch wieder: "Wohl, wohl", und Kare ergänzt "....hat das Schaf am Hintern." Dann ist es wieder eine Weile lang ruhig. Die Stille wird nur durch Nachbestellen von zwei neuen Bier bei der Lissi, der hübschen Wirtin, unterbrochen. Man kann nämlich so ein frisches Bier vom Faß locker ohne Gespräch gemütlich die Kehle hinunter rinnen lassen. Jedoch ein Gespräch ohne ein Bier dabei, das wäre dann schon schlimmer.
"Irgendwie schaust du heute nicht besonders fit aus, Schorsch. Hast du schlecht geschlafen oder etwa zu wenig gegessen ?" Kare ist es gleich aufgefallen, daß Schorsch heute nicht so munter wie sonst wirkt. Deshalb ist Schorsch heute auch nicht sehr gesprächig. "Hm," das ist alles, was er von sich gibt. "Jetzt komm, Schorsch, heraus mit der Sprache, was ist denn los ?" Kare kennt seinen Freund gut genug, um zu wissen, wie man ihn zum Erzählen bringt. "Jetzt trinken wir noch einen Wiliams und dann erzählst du mir, wa los ist, ok ?" Der Wiliams kommt, ist auch schon kurz darauf wieder weg und dann rückt Schorsch mit der Sprache heraus: "Schlecht geschlafen habe ich, weil ich so schlecht geträumt habe, das ist alles."
"Na sowas ? Du schläfst doch sonst wie ein Murmeltier, Schorsch, was war denn da los ? Komm, erzähl s mir!" Kare ist langsam ein wenig neugierig geworden. - "Ja, hm", dem Schorsch ist es nicht ganz wohl, dann aber gibt er sich einen Ruck und erzählt: "Also, stell dir vor, ich war so richtig unglücklich, also im Traum weisst du, ich war tief unzufrieden mit mir selber. So hab ich es geträumt." Weil der Schorsch bereits wieder eine Pause macht, drängt Kare ihn: " Ja und ? Das kann doch mal vorkommen, bist ja eh ein komischer Kautz. Das wird doch noch nicht alles gewesen sein!" - "Nein, nein, so hat es nur angefangen." Schorsch blickt zum Fenster hinaus, als ob er irgendwie abwesend wäre. "Ja, saperlott, jetzt erzähl schon weiter, Mann, ich will es schon heute noch hören!" Kare lässt nicht locker.
"Was ? Ach so, ja, also, ich war mit mir selber sehr unzufrieden, und irgendwie geht mir die Geschichte noch nach. Ich war also unzufrieden, weil ich so kalt und hartherzig war, weil mir alles gleichgültig war und so, weisst du, weil, auch wenn ich so tue als ob ich freundlich wäre, mir im Grunde genommen die anderen Menschen ziemlich egal wären, weil ich alles so mit einem großen Abstand betrachte und mich deswegen nichts mehr wirklich berührt. Ich kann sagen, mir war alles egal, hauptsache mir selber geht es so einigermaßen. Da mag man sich selber schon bald nicht mehr, das habe ich mir zuerst noch - im Traum - gedacht, aber irgendwie ist sogar dies dann auch gleichgültig. Innendrinn, so war s mir, wäre alles so kalt und leer. Nicht einmal Gefühle, wie Freude oder Leid wären echt. Das ist doch merkwürdig oder ?"
Der Schorsch blickt den Kare fragend an. Zuerst sagt Kare noch nichts, dann meint er: "Ja, das klingt schon merkwürdig, hm. Und irgendwie auch wieder nicht." Er schüttelt leicht den Kopf und der Schorsch erzählt weiter: "Jetzt war ich also so unzufrieden und ich geh bei mir zu Hause im Bad zum Waschbecken, was auch immer ich dort gerade tun wollte, das kann man im Traum ja nicht immer so genau sagen. Ich gehe also ins Bad, stolpre über ein paar alte Socken, ich stürze schwer auf den Boden und meinen Kopf schlage ich mir an der Ecke der Badewanne an. Zuerst war es sehr schmerzhaft, später dann bald nicht mehr. Und stell dir vor, jetzt kommt es," der Schorsch macht eine kurze Pause, "aus meinem Kopf hingen lauter Kabel heraus, stell dir das mal vor! Jetzt weisst du es, das ist doch nicht auszuhalten, so ein Blödsinn!"
Kare ist der Mund vor Staunen offen geblieben und dann meint er auch: "Ja so ein Blödsinn, was soll denn das ? Von so einem dämlichen Traum habe ich ja noch gar nie gehört! Und wie geht es dann weiter ?"
"Was, wie geht es weiter, " der Schorsch ist noch ganz aufgeregt, er hat den Traum noch wie echt vor Augen. "Ja verstehst du es nicht ? Das wars, das ist doch klar!" Kare ist jetzt ein wenig verwirrt: "Was ist klar ? Also mir ist da gar nichts klar, ausser daß es ziemlicher Mist ist." - "Nein, nein, du verstehtst das nicht Kare, ich bin dann sofort aufgewacht und ich habe auch nicht mehr so schnell einschlafen können, das ist ja klar oder ? - "was ?", der Kare versteht noch immer nichts.
"Ja kapierst du denn gar nichts ? Ich war ein Roboter, eine Maschine! Kein Mensch aus Fleisch und Blut, Menschenskind!"
In seiner Aufregung schlägt Schorsch mit seiner flachen Hand auf den Tisch, daß es kracht und die Kartenspieler nebenan erschrecken. "Ein Roboter war ich, unter einer dünnen Schicht Haut und Fleisch war ich eine Maschine mit Motor, Batterien, Schrauben, Kabel und Computerhirn oder so! Gerade wie so ein Cambonator!"
Kare blickt ganz erschrocken und sagt eine Weile nichts mehr. Seinem Gesicht ist anzusehen, daß er dies zuerst einmal verdauen muss. Am besten geht dies mit einem frischen Bier, die kaum bestellt, schon kommt und dann bald auch bereits wieder leer ist. Der Schorsch hat natürlich auch eins bekommen, weil die Lissi schon weiss, wenn einer der beiden etwas bestellt, dann gilt dies immer für beide zugleich. "Ja so was, ja so was," sagt der Kare dann nur noch.
Irgendwie war der Abend dann gelaufen, es ist zu nichts mehr gekommen. Schorsch war ja sowieso müde von seinem verrückten Traum und mit dem Kare war nichts mehr zu machen, der hat nichts mehr gesagt.
Am nächsten Tag haben sich die Zwei dann am Abend vor dem Gasthaus "Bären" getroffen. "Du, komm mal mit!" Kare zufpte den Schorsch am Ärmel und zog ihn in den Gasthof hinein. Er hat ihn ganz hinten in die Ecke an einem leeren Tisch - also nicht vorne am Stammtisch, wo sie sonst immer sitzen - geleitet. Das kam dem Schorsch schon mal merkwürdig vor.
Bevor noch das erste Bier auf dem Tisch stand, legte Kare los:
"Schorsch, pass auf, du wirst jetzt erschrecken, aber es geht nicht anders. Hör zu, das ist jetzt nichts Lustiges, schon gar kein Späßchen, das ist eher schlimm. Nämlich, was mir gestern dann noch aufgegangen ist:
Schau dir mal unsere Leute im Dorf an, fällt dir an denen nichts auf ? Hubers Anton zum Beispiel, hast du den schon mal ausruhen gesehen ? Hm ? Ich noch nie. Immer, wenn man den sieht, ist er am Arbeiten, er hat kaum Zeit für ein Schwätzchen. Er muss immer sofort wieder weiter, überall findet der was zu arbeiten, sogar dort, wo es gar nichts zu arbeiten gibt. Die Leute sagen, man wüsste nicht, ob der überhaupt schläft in der Nacht, oder ob er da auch noch arbeitet. Oder der Lehrer Schlucker, bei dem merkt doch ein Jeder, daß ihn die Kinder gar nicht interessieren, der zieht seinen Stoff durch, teilt seine Sechsen aus, daß es kracht, der Rest ist dem doch egal. Haben deine Kinder nicht auch schon wegen ihm geschimpft ? Also meine fast jeden Tag.
Der Pfarrer ist der selbe Kerl: seine Predigten sind jeden Sonntag die selbe Leier, immer langweilig bis zum Gehtnichtmehr und manchmal könnte man meinen, der schläft bereits während des Sprechens ein. Jedoch sollte der sich eigentlich freuen, wenn er vom Himmel und der Herrlichkeit erzählt, die dort auf uns wartet. Ist dir das schon mal aufgefallen, hä ? Hast du von dem eigentlich schon mal ein freundliches Wort gehört oder auch mal, daß ihn etwas ärgert ? Ich nicht."
"Jetzt komm, Kare, das siehst du jetzt schon ein wenig einseitig," der Schorsch will seinen Freund ein bißchen beruhigen, "bei uns heißt es doch, nicht geschimpft ist genug gelobt, so sind wir halt, du und ich doch auch." Es half jedoch nichts, Kare ist nämlich noch nicht fertig, er blickt sich um, streckt seinen Kopf noch näher an Schorsch hin und sagt im Verschwörer-Ton: "Pass auf, die Gauner die hören sehr gut, wer weiß, wie gut! Dem Wirt traue ich auch nicht, der hat uns noch kaum ein Bier spendiert oder ? Und jetzt hör zu, der Bürgermeister, der ist ja auch ein ganz kalter Fisch, ein kalter. Zwar ist der immer total freundlich, wenn man ihn sieht, aber der redet mir schon wieder viel zu süß daher, der lobt jeden, sagt in einem Satz dies und dann sofort das Gegenteil dazu, oder er sagt nicht so und nicht so, damit dann keiner sagen kann, er hätte so oder so gesagt, so einer ist das! Was interessiert den das Wohl von uns kleinen Leuten ? Hä ? Gar nicht, da hast du es, so ist es doch!
Jetzt pass auf Schorsch, seitdem du mir das mit dem Traum erzählt hast, ist mir dies alles eingefallen und ich hab gegrübelt und gegrübelt, in der Nacht konnte ich nicht mehr schlafen und je mehr ich überlegt habe, ums so schlimmer ist mir das alles vorgekommen. Das sind nicht nur Theater-Aufführungen bei uns, in denen Theater gespielt wird, nein, das ganze Dorf ist ein einziges Theater, und zwar keine Komödie. Denk doch mal an deinen Traum, den mit den Kabeln und so!" Kare blickt sich vorsichtig um und zeigt so unauffällig wie möglich auf die anderen Gäste, die am Tisch sitzen. "Schau sie dir doch an die falschen Fuffziger, die! Wem kannst du da noch in die Augen schauen, ohne Angst zu haben ? Glitzert nicht bei jedem ein kleines elektrisches Lämpchen hinter den Augen ?"
Der Schorsch erschrickt: "Du meinst...?" - "Genau, das meine ich, Schorsch: das sind alles Roboter, das sind gar keine Menschen! Dein Traum war gar kein Traum, verstehst du ? Wir zwei Freunde sind die einzigen echten Menschen hier noch im Dorf...obwohl...", Kare wird plötzlich ganz blass im Gesicht und meint misstrauisch: "..obwohl, etwa bin ich noch der Einzige!" .