Wie groß isch doch die Wealt



De Schorsch isch in d Rente gange. Hot zum letschte Mol beim Stegmann sein Hausmoischterkittel ra dau
ond isch als freiar Ma zum Werkstor naus spaziert.
De normale Rentnar, der frait sich dann auf viel Wandre, Ausflügla oder sogar Roisa ond auf viel Zeit für
seine Hobbies. Ma goht gmietlich spaziere, duet ausgiebig d Zeitung studiere ond loht sich überhaupt für
alls viel meh Zeit. So sche ka des sei, des typische Rentnarleabe.
Die Rentnar, die wo meh Geald im Sack hand, die fahret dann mit m Traumschiff in dr Karibik omanand.

Beim Schorsch isch des a bitzle andersch. Spaziere, Wandre, Radle, Ausflüg oder Roisa kommet für ean
ja gar it in Frog. Alls a übrigs Zuig, alls langweilig.
Guet, zwischbedur radlet ar ins Gschnaidt nauf, zum Kässpatze easse, des muss scho sei. Wenn ar dann
hoiwäts über Gagge na feht, frait ar sich an deam herrliche Ausblick ins Oberschwäbische nei.
"Mei, wie groß isch doch die Wealt", sait ar dann voll Staune zu sich seal, "weit naus über d Waldburg
goht se."
Ehrfürchtig bleibt ar a Weile stau ond lueget des Land unter eam a: die woiche, grüne Bückel, die dunkle
Wälder, die sich bis zum Horizont na ziehnet.
Dann radlet ar me weiter, Hoi, auf Opprechts zu seim Höfle.

De Schorsch hot ja sei Maurar-Lehr beim Beer Heini gmacht. Do hot ar gleanet, wie ma sauber ond akkurat
schaffet. Weil der dann sei Baugschäft zuegmacht hot, isch ar zum Filgis gweachslet ond hot do no a
ganze Weile gmauret. Irgendwenn isch m des aber z viel wore. Es hot sich do grad a guete Gleagehoit
ergeabe, dass ma beim Stegmann an Hausmoischter gsucht hot. Des hot de Schorsch dann bis zur Rente
gmachet. Es war a vielseitige Arbat, an der ar viel Freid ghet hot.

Drzue muss ma sage, hot ar ja allat no sei kleine Landwirtschaft umtriebe. Dean Hof hot ar vom Vatter
übernomme, am Afang no mit a paar Milchkühe ond a paar Saua. Aber bald isch m des alls z viel wore
ond ar hot umgschtellt auf Schumpe. Drum hot ar sein Leabdag lang noch m Feierobend beim Stegmann
Drhoi weitergschaffet, Samstag au, des isch ja klar. Aber des alls war m reacht so,
des war sei kleine Wealt.

Wer iazt sein Leabdag lang a Höfle umtriebe hot, der ka it oifach so in d Rente gau ond alls aufhöre.
Anstatt am Spaziergang macht de Schorsch halt an Rundgang auf de Fealder zum de Bode kontrolliere.
Anstatt ar Wandrung duet ar nochezäune ond seine große Roisa gand ins Holz na, zum a paar Käfardanna
umdo.
Wenn de Dag ond Nacht so um dein Hof rumschearesch ond mächlesch, dann kasch it oifach in d Rente gau
ond nix meh do, des goht dann it.
Iatz, wo ar numma zum Stegmann muss, do macht ar sei Arbat Drhoi gmietlicher, mäht s Gräs me öfters mit
dr alt Seages ond duet zwischbedur meh gruebe.
So sche ka a Rentnarleabe sei, wenn ma mit Drhoi verwachse isch.



Schorsch ist in die Rente gegangen. Er zog zum letzen Mal beim Stegmann seinen Hausmeisterkittel aus und ist
dann als freier Mann zum Werkstor hinaus spaziert.
Der normale Rentner freut sich auf Wanderungen, Ausflüge und größere Reisen, auf viel Zeit für Hobbies. Er geht
gemütlich spazieren, studiert ausgiebig die Tageszeitung (der Allgäuer) und lässt sich überhaupt für alles viel
mehr Zeit. So schön soll es sein, das traumhafte Rentnerleben.
Rentner, die etwas mehr Geld haben, fahren dann mit dem Traumschiff umher.
Beim Schorsch ist alles ein wenig anders. Spaziergänge, Wandern, Radtouren, Ausflüge oder Reisen kommen für ihn
überhaupt nicht in Frage. Dies alles ist für ihn überflüssiges Zeug, nur langweilig und sinnlos.
Gut, zwischendurch radelt er sogar hinauf, ins Gschnaidt, um dort Kässpatzen zu essenm, das muss schon sein. Wenn
er dann über Gaggen hinab heimwärts fährt, geniesst er den herrlichen Ausblick über das Oberschwäbische Land.
"Mei, wie groß isch doch die Wealt," sagt er dann voller Staunen zu sich selbst, "weit naus über d Waldburg goht se."

Ehrfürchig bleibt er dann eine Weile stehen und schaut das Land, das sich unter ihm ausbreitet, an: die sanften, grünen
Hügel, die dunklen Wälder, die sich bis zum Horizont hinziehen.
Nach dieser Pause radelt er dann wieder nach Hause, nach Opprechts zu seinem kleinen Bauernhof.

Der Schorsch machte ja seine Maurer-Lehre beim Beer. Dort lernte er, wie man sauber und akkurat arbeitet. Weil
der Beer Heinrich dann sein Baugeschäft zugemacht hat, ging Schorsch weiter, zum Filgis und hat dort noch eine
ganze Weile gemauert. Irgendwann wurde es ihm aber zu anstrengend und gerade da hat sich die gute Gelegenheit
ergeben, dass der Stegmann einen Hausmeister gesucht hat. Und diesen Job hat der Schorsch dann bis zur Rente
gemacht. Es war eine vielseitige Arbeit, die ihm viel Freude bereitet hat.

Dazu muss man erwähnen, dass er ja immer noch seine kleine Landwirtschaft, die er von seinem Vater übernommen
hatte, weitergeführt hat. Am Anfang noch mit ein paar Milchkühen und Schweinen, aber bald ist ihm die Arbeit
über den Kopf gewachsen und er hat auf Schumpenhaltung umgestellt.
Und so hat er sein Leben lang nach Feierabend und an den Wochenenden auf seinem Hof gearbeitet. Und das war ihm
recht so, das war seine kleine Welt.

Wer sein Lebtag lang einen Bauernhof umgetrieben hat, der kann nicht einfach in die Rente gehen und alles aufhören.
Anstatt einem Rentner-Spaziergang macht der Schorsch einen Rundgang auf seinen Wiesen, um die Bodenbeschaffenheit
zu prüfen. Anstatt einer Wanderung geht er die Zäune reparieren und seine Reisen führen ihn in den Wald hinab, um
ein paar vom Käfer befallene Fichten umzusägen.
Wenn du Tag und Nacht auf diese Weise auf deinem Hof herumwerkelst, dann kannst du nicht einfach in die Rente gehen,
das ist mal nun so.
Jetzt, wo er nicht mehr zum Stegmann muss, erledigt er seine Arbeiten gemütlicher, mäht das Gras wieder öfter mit
der alten Sense und ruht zwischendurch öfter mal aus.
So schön kann das Rentnerleben sein, wenn man mit seinem Zuhause verwachsen ist.