Dr. Josef Heberle, Altusrieder Heimatforscher

Vor 50 Jahren, am 26. März 1969, starb in Altusried Dr. Josef Heberle. Fast vergessen ist er, der sich mit
Leidenschaft für die Heimat- und Geschichtsforschung einsetzte. Wer war dieser Dr. Josef Heberle, von dem
die älteren Leute in Altusried noch zu berichten wissen ?

Am 3. September 1890 wurde er zu Luiblings, Gemeinde Altusried, auf dem Mogelhof geboren. Er war der zweite
Sohn der Eheleute Johann Heberle und Sofie, geb. Brack. Am 31. Dezember 1890 erwarb sein Vater das Anwesen
Feilbergstrasse 42 in Kempten. Es war die ehemalige fürstäbtliche Säge. Josef wuchs in Kempten auf, besuchte
dort die Realschule und legte im Juli 1908 die Prüfung ab. Er war für den kaufmännischen Beruf im Holzgewerbe
vorgesehen.

Beinahe 10 Jahre arbeitete er in verschiedenen Stellungen dieser Branche. Während des Ersten Weltkriegs diente
er beim Infanterie-Leib-Regiment in München. 1916 fiel sein älterer Bruder Georg bei Verdun. 1920 starb seine
Mutter. Im gleichen Jahr belegte er Vorlesungen an der Handelshochschule in München, deren kaufmännische Diplom-
prüfung er nach 4 Semestern mit sehr gutem Erfolg bestand. Anschliessend studierte er Staatswissenschaft an den
Universitäten Frankfurt am Main und München. Seine Doktorarbeit hat den Titel: "Die süddeutschen Nadelnutzholzmärkte."
Es war das Ergebnis wirtschaftswissenschaftlicher Studien und beruflicher Erfahrung. Am 1. Oktober 1925 erhielt
Josef Heberle Titel und Würde eines Doktors der Staatswissenschaft an der Universität Frankfurt am Main.

Welcher beruflichen Tätigkeit Dr. Josef Heberle nun nachging, ist nicht bekannt. Er wohnte mit wechselnder Adresse
in München und Heimhofen. Er bewarb sich zunächst beim Statistischen Landesamt und erhielt eine Absage. Dr. Josef
Heberle verfasste zu dieser Zeit bereits Aufsätze über seine Allgäuer Heimat und wollte sie in verschiedenen
Zeitungen abdrucken lassen.
Leider erhielt er viele entmutigende Absagen. Die Druckerei Xaver Diet in Altusried veröffentlichte ab 1930 im
Wochenblatt verschiedene Artikel. Auch im Hochvogel (Beilage zur Allgäuer Zeitung) wurden hin und wieder seine
Arbeiten abgedruckt.
Eine wiederholte Anfrage um eine Stelle beim Statistischen Reichsamt blieb ohne Erfolg.

Der arbeitslose Diplomkaufmann und Doktor der Staatswissenschaft widmete sich nur noch seiner Geschichtsforschung
zum Allgäu. Zwischen 1935 und 1940 wohnte er in Jungholz und in Haslach bei Biberach. 1935 stellte er einen Antrag
auf Entlassung aus der deutschen Reichsangehörigkeit, weil er auswandern wollte. "Weil ich kein Fleckchen Heimat-
erde mein Eigen nennen kann" erklärte er in dem Antrag. Er erhielt die nötigen Papiere und wurde staatenlos.
Über 6 Jahre beantragte er Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung in verschiedenen Ländern, erhielt aber nur
Absagen.

Als Dr. Heberle 50 Jahre alt ist, beantragt er eine Aufenthaltsgenehmigung in seinem Geburtsort Altusried. Er
wohnte nun ein Jahr im Kappele Haus Nr. 159 in Altusried. Als man ihn dort vor die Tür setzte, ging er auf
Zimmersuche und fand eine Bleibe im Einödhof Käferloh bei Altusried.
Dort wohnte er bis kurz vor seinem Tod. Im Altersheim in Altusried starb Dr. Josef Heberle am 26. März 1969.
Er wurde auf dem katholischen Friedhof in Kempten beigesetzt.

Bereits vor seiner Zeit in Altusried widmete sich Dr. Josef Heberle der Geschichte seines Heimatortes, er verfasste
eine Chronik der Familie Heberle, er recherchierte zu Haus- und Hofgeschichten und schrieb verschiedene heimat-
kundliche Aufsätze, die u. a. im Wochenblatt von Altusried veröffentlicht wurden. Er arbeitete mit pedantischer
Genauigkeit und zuverlässigen Quellenangaben. Sein geschichtliches Wissen war sehr umfangreich und dies gab er auch
gerne an andere weiter. Selbst ein Bezirksheimatpfleger Dr. Dr. Weitnauer hat des Öfteren seinen Rat eingeholt.

Heberle wollte das Geschichtsbewußtsein der Bevölkerung fördern. Sein besonderes Ziel war es, in Altusried ein
Heimatmuseum einzurichten. Er hatte über Jahre hinweg mit sicherem Gespür und Verstand das "alte Glump" gesammelt.
In einem Brief vom 9. März 1966 schreibt er enttäuscht: "Die unpflegliche Behandlung im Unterbringungsraum und das
mangelhafte Interesse der Öffentlichkeit erleichterte den Beschluss, die Gegenstände in bessere Obhut zu geben."
Im Jahre 1965 hat er deshalb seine nicht gerade kleine Sammlung an das Bauernhofmuseum Illerbeuren übergeben.

Der Lebensstil von Dr. Heberle war karg und bescheiden. Er erledigte Botengänge zu Behörden und half Leuten bei der
Steuererklärung. Der Lohn dafür war oft nur eine Brotzeit. Meistens fuhr er mit dem Fahrrad, später ging er nur
noch zu Fuß. Er notierte sich alles, was er sah und hörte, auf kleine Zettel. Kinderverse, Erzählungen von Leuten,
spezielle Mundartausdrücke oder was sonst für ihn interessant war, schrieb er auf.
Seine größte Sorge war kurz vor seinem Tode die Unterbringung seiner Unterlagen. Dies geht aus einem persönlichen
Brief hervor. Auf seinen Wunsch hin kamen seine Aufzeichnungen in verschiedene Archive.
Er war ein Idealist in Sachen Heimatkunde, der jedoch oft schwere Enttäuschungen hinnehmen musste. Seine Art zu leben
und sich zu kleiden sowie seine Weltanschauung wurden von seinen Mitmenschen oft nicht verstanden.
Von den einen wurde er verlacht, von den anderen bemitleidet und nur von wenigen wurde er ernst genommen. Frägt man
Leute, die ihn noch gekannt haben, so erfährt man sowohl lustige als auch traurige Geschichten über jenen Dr. Josef
Heberle aus Altusried.

Die Kreisheimatpflegerin, Frau Ingrid Müller hat diesen Aufsatz nach gründlichen Recherchen geschrieben. Ihr ist es
zu verdanken, dass das Wissen um diesen so interessanten Menschen nicht gänzlich in Vergessenheit gerät.
Meine Mutter hat den Dr. Heberle noch gekannt, hat aber leider auch immer eher Abstand zu ihm gehalten, da er ihr
wie den meisten wohl, etwas suspekt war.
Ich könnte mir vorstellen, dass ich mich mit ihm anfreunden hätte können.....












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