Käsereien in der ehemaligen Gemeinde Schrattenbach -
Artikel von Remigius Rauch, Schrattenbach - vielen Dank!



Carl Hirnbein (1807-1871) aus Wilhams verwandelte mit der Einführung der Weich- und Hartkäserei
das ehemals "blaue Allgäu" vom Flachsanbau zum "grünen Allgäu" mit Milchwirtschaft.
Anfänglich wurden die Käsreien in einzelnen Hofstellen betrieben. Als aber die Tierbestände und
damit die Milchmengen stiegen, reichten die Hauskäsereien nicht mehr aus. Deshalb schlossen sich
die Bauern zu Genossenschaften zusammen und bauten für die Käseerzeugung in den Dörfern und Ein-
öden eigene Käsereien, im Allgäu kurz als "Käskuche" bezeichnet.

Fährt man heute durch die Dörfer und Einöden des Allgäus, sieht man an manchen Häusern oft am
Baustil, dass das einmal eine Käserei war.


Käserei in Schrattenbach, Alte Poststraße 14
Im Jahr 1883 baute Franz Josef Krug ein Käslokal in sein Haus ein. Die Käserei war vorher in
der Wirtschaft zum "Goldenen Hirsch" in Schrattenbach. Der Hof ist bei älteren Leuten heute
noch mit dem Hausnamen "Thomasbauer" bekannt. 1936 schlug in der Nacht vom 9. zum 10. Mai der
Blitz in den Hof ein, Wirtschaftsgebäude und Dachstuhl samt 1. Stock des Wohnhauses fielen den
Flammen zum Opfer. Nach dem Wiederaufbau im gleichen Jahr wurde die Käsrei nur noch als Milch-
sammelstelle genutzt.








Käserei in der Einöde Hs.Nr. 5
Die Käserei wurde 1896 erbaut. Im Zuge des 2. Weltkriegs kam Mechanikermeister Heinrich Kienzler
aus Furtwangen im Schwarzwald in das Gemeindegebiet von Schrattenbach. 1943 heiratete er und
kaufte das ehemalige Käselokal. Nach dem Krieg richtete er dort eine Reparaturwerkstätte für
Landmaschinen in dem Gebäude ein. Heute ist die Firma Josef Renn, Pulverbeschichtungen & Metall-
verarbeitung dort ansässig.




Käserei in Naiers, Hs.Nr. 4
Die Käsküche wurde 1907 erbaut. Bis dahin war das Käsereilokal im Pfefferhof. Der damalige Besitzer
Dreier hatte die Käserei in seinem Hof aufgekündigt und lieferte seine Milch an die Laktanawerke in
Dietmannsried. 1926 wurde ihm von den Laktanawerken die Milchlieferung gekündigt. Deshalb kaufte er
sich in Naiers wieder ein.
In die Käserei in Naiers lieferte auch der Schilchernbauer seine Milch. Der Schilchernhof liegt aber
in der Höhe nördlich von Hinterhalde. Der Lieferweg war steil abfallend die Halde hinunter nach
Naiers.
Heute ist der Weg vollkommen verwachsen. Dazu berichtet der Altbauer Max Maurus aus Naiers:
Die Milchkannen mussten Sommers wie Winters den steilen Weg hinunter transportiert werden und Wagen
wie Schlitten wieder nach oben gezogen werden. Zuerst spannte der Schilchernbauer einen Hund als
Zugtier mit ein. Diesen ersetzte er dann durch einen Esel. Doch als die Milchmengen stiegen, wurde das
Transportproblem immer größer. Deshalb baute der Schilchernbauer eine Seilbahn nach Naiers hinunter.
Max Maurus erzählt, daß sie als Buben nach dem 2. Weltkrieg noch auf den etwa 30 m hohen Masten vor
Naiers geklettert sind.
Das Ende der Seilbahn war gekommen, als man die Milch mit einem Unimog von den Laktanawerken in Hinter-
halde und am Schilcherhof abholte.

Die Hinterhalder lieferten die Milch seit jeher direkt nach Dietmannsried zur Laktana. Ignaz Unglert, der
Großvater von Richard Unglert, fuhr mit dem Pferdefuhrwerk zunächst bis nach Dietmannsried und nahm dabei
auch die Milch der Ussenrieder Bauern mit. Später brauchte er nur noch bis nach Buchen fahren, wo die
Milch von den Laktanawerken abgeholt wurde. Schließlich wurde die Milch auch in Hinterhalde und am
Schilcherhof selbst abgeholt.
Nach dem 2. Weltkrieg war die Käserei in Naiers bereits eingestellt. Die Räumlichkeiten nützten nach dem
Krieg Flüchtlinge für eine Glasschleiferei. Nach deren Auszug wurde eine Reparaturwerkstatt für Kraftfahr-
zeuge eingerichtet. Heute ist im 1. Stock eine Wohnung.








Käserei in Eichholz, Hs.Nr. 14
Das Gebäude wurde 1891 erbaut, vorher war die Käsküche in Eichholz Hs.Nr.12. 1912 wurde die Käsküche ver-
größert und eine Wohnung eingebaut. 1957 gab man hier die Käserei wieder auf. Heute wird das Gebäude als
Wohnhaus genutzt.






Käserei in Käsers, Hs.Nr. 9
Die Käsküche wurde 1892 erbaut. Vorher käste man in den Höfen Käsers 12 (1996 abgebrannt,Neubau) und Käsers
26. Der erste Emmentaler Rundkäse wurde in der Käserei 1904 hergestellt. Ende des Jahres 1964 stellte man die
Käserei hier ein. Sie wurde noch als Milchsammelstelle genutzt, bis die Milch an den Höfen abgeholt wurde.
Das große Vordach an der Käserei wurde abgebaut und die gesamte Käserei im ersten Stock wird heute zu Wohnzwecken
genutzt.




Eine kleine Anekdote zum Schmunzeln von Remigius Rauch, aufgewachsen in Käsers. "An besonderen Festtagen gab es
nach dem mittäglichen Festessen am Nachmittag zum Kaffee immer Kuchen und Buttercremetorten, vor allem, wenn
Onkel und Tante noch da waren. Dazu holte meine Mutter auch 1 Liter frischen Milchrahm aus der Käsrei, um
Schlagrahm dazu zu machen. Meine Mutter beauftragte mich mit dem Handquirl den Rahm zu schlagen, bis er fest wurde.
Sie vergaß aber, mir zu sagen, wie fest der Schlagrahm sein sollte. Also drehte ich fleißig die Handkurbel des
Quirls, bis der Rahm plötzlich fest und grieselig wurde. Meine Mutter lobte mich nicht besonders, denn es gab
diesmal zum Kuchen keinen süßen Schlagrahm, dafür aber am nächsten Tag frische, goldgelbe Butter aufs Brot."





Stiftkemptischer Fischweiher bei Käsers
Der alteingesessene Landwirt Leo Natterer aus Käsers berichtete mir: Der Fischweiher wurde nicht nur vom abfliessenden
Moorwasser gespeist, sondern auch durch die am nörlichen Rand liegende Quelle des Lopabaches. Diese Quelle lieferte
beständig Frischwasser und wurde von den Bewohnern von Käsers zur Wasserversorgung genutzt. In trockenen Zeiten kamen
sogar die Bauern aus Eichholz, um hier mit Fässern das nötige Trinkwasser für ihr Vieh zu holen. Im sehr trockenen Jahr
1947 grub man den Quellbrunnen auf 7 m Tiefe. Da die Wasserschöpfung weiterhin nicht ausreichte, wurde der Brunnen in den
1950er Jahren auf 12 m vertieft. Die Wasserreserve war in der Höhe in Oberried. Heute ist Käsers an die gemeindliche Wasser-
versorgung angeschlossen. Das Wasser des Lopabaches wird dazu nicht mehr genutzt. Der Abfluss des Fischweihers war sehr eng
bemessen, sodaß im Frühjahr oder bei heftigen Regenfällen im Sommer der Weiher sich zur Freude der Kinder fast halb füllte.
Leo Natterer erzählte, dass sie kleine Holzflöße bauten und damit auf dem Weiher herum paddelten. Bei warmem Wetter badeten
sie auch darin. Bieb im Winter das Wasser stehen, gab es eine herrliche Eisbahn zum Rutschen. Erst als der Auslauf durch
größer dimensionierte Rohre ersetzt wurde, floss das Wasser genügend ab. Mit der Verrohrung des Lopabaches konnte die ehe-
malige Weiherfläche dann durchgehend landwirtschaftlich genutzt werden.