Bad Grönenbach - Hohes Schloss -

Auszug aus dem Heft: "Grönenbach, seine Entwicklung von der Landnahme an der Ach zum Markt und Kneippkurort" von Karl Schnieringer

Der Lageplan unseres hohen Schlosses vom verstorbenen Heimatpfleger Schwabens, Dr. Bartholomäus Eberl, zeigt auf unserem "Burgösch" eine 230 m lange vorgeschichtliche Fliehburg mit 3 Gräben und Wällen auf der ungesichterten Südseite der Spitz zulaufenden Moräne. Letztere sind allerdings zerstört, die Halsgräben mit der Wallerde eingeebnet. Ähnliche Volks-Fliehburgen sehen wir 450 m lang auf dem Falken und 750 m lang auf dem Woringer Burgösch. Solche "Bergen" wurden natürlich auch in späteren Zeiten bei Gefahren und Kriegszeiten, wie Völkerwanderung, Hunnen- und Ungarneinfällen besetzt.
Das notwendige Wasser für Menschen und Tiere lieferte das Hungerbächle unter dem Westhang. Nachdem solche der Allgemeinheit dienenden sicheren Plätze nur mit königlicher Erlaubnis überbaut werden durften, ist auch erwiesen, daß die Burg unseres Ortsadels auf dem Kirchberg stand.

Nach dem Welfenkrieg baute Ritter Heinrich von Rothenstein im 12. Jahrhundert mit Erlaubnis seines Lehensherren des erste Schloß auf die Spitze des Hügels. Man brach den Nagelfluh an Ort und Stelle, wohl auch an der Rothensteiner Steige, und setzte den sehr schmalen, turmähnlichen Bau samt dem Bergfried auf der Nordostseite auf den Felsen. Das Gebäude hatte etwa 2 Stockwerke weniger als heute.
Bei der Schloßrenovierung durch Ursperg 1947 bis 1951 zeigte das Schloß auf der Westseite deutlich drei Bauabschnitte von Nord nach Süd, nämlich
a) den Nagelfluhbau aus dem 12. Jahrhundert mit drei Fensterreihen (West)
b) den sich anschließenden Ziegelbau aus dem 14. Jahrhundert mit ebenfalls drei Fensterreihen und
c) die fürstäbtliche Verlängerung um 1700 mit einer Fensterreihe, auf der Südseite erkerähnlich und mit Sechseckturm, falls letzterer nicht schon alleinstehend aus dem 14. Jahrhundert stammt.
Weil man an der Ostseite den Felsen umbaute, entstand die trapezförmige Grundfläche unseres Schlosses.

Den 2. Bauabschnitt begann Ritter Heinrich von Rothenstein um 1357. Sein Erbe, Konrad von Rothenstein setzte ihn fort. Die großformatigen, dunkelroten Steine lieferten Grönenbachs alteste Städel in Ziegelberg, wohl auch die Ziegeleien in Rothenstein und Ittelsburg. Die Holzkohlen zum Brande lieferten zahlreiche Köhler der Umgebung. Die nächstliegenden Meiler waren bei der Dörrhütte unterm Schloßberg und im Kohlloch.
Fronpflichtige Untertanen erweiterten den Burggraben um den Felsblock, der bis zum dritten Stockwerk des Schlosses reicht.
Nach der Spitalstiftung 1479 entstand der Bauhof, alte Hausnummer 45 und der Weg zum niederen Wappentor an der östlichen Umfassungsmauer. Der tiefe, zugemauerte Schloßbrunnen, jetzt unter der Kapelle, hatte über seinem Wasserspiegel den Einschlupf zu Notausgängen, jedoch nicht zu den sagenhaften unterirdischen Verbindungen nach Rothenstein und Falken.
Der östliche Fuggeranbau vom Jahre 1682 war vielleicht praktisch, aber gewiß keine architektonische Meisterleistung. Beim damaligen Umbau wurde der Bergfried an der Nordostecke teilweise abgetragen, damit die Leute im Anbau nach Clevers schauen konnten. Über dem Turmstumpf führte aus dem Schloßgebäude eine Türe in den einst höheren Bergfried. Wenn nicht schon im 14. Jahrhundert, hat man bestimmt jetzt die Reste der Fliehburganlage beseitigt, damit eine große Fläche vor dem Schloß geschaffen und diese ummauert. Dagegen sind die fürstliche Südauffahrt durch die Doppelkastanienallee, die Gärten und Gartenhäuser, der dritte Bauabschnitt samt der kunstvollen windschiefen Dachkonstruktion das Werk des Fürstabts Rupert von Bodman, Kempten.

Derselbe Fürst und Abt ließ zwischen 1714 und 1716 das 125 m lange und 15 m breite Schloßnebengebäude errichten. Untergebracht waren darin die Pflegamtskanzleien (später Landgericht), die Brauerei, anschließend Wohnungen der Beamten und Brauer. Die Brauerei belieferte 17 Zapfwirte mit jährlich 546 hl und brachte durchschnittlich 3185 Gulden ein.
Bei Übernahme durch den Staat stellten die Gerstenlieferanten von hier und Zell 40 000 fl. Forderungen. Nach wiederholten Versteigerungsversuchen kam 1836 die Brauerei in den Besitz der Familie Madlener, die am Südende Stallungen ansetzte, abgebrannt 1946. Der neuerbaute Hof ist an der östlichen Ortseinfahrt. Zum Verkaufsobjekt 1836 gehörten ohne Kanzlei das Brauhaus, das Wohnhaus mit zwei Gebäuden, zwei weitere Wohnungen, eine Küferei und das Gärtnerhaus. Die Brauerei wurde 1918 stillgelegt und von Ursperg erworben.

Nochmal ein Überblick über die Geschichte des Schlosses (aus einem Prospekt der Gde. Bad Grönenbach):

Weithin sichtbar auf einer hohen und steilen Bergnase liegt am Westrand Bad Grönenbachs das Hohe Schloss. An der Stelle einer vorgeschichtlichen Fliehburg wurde es um einen Nagelfluhfelsen herum gebaut, ja teilweise aus dem Fels geschlagen. Bis im ersten Stock sind noch die Reste der ursprünglichen Felswand erkennbar. Das abgeschlagene Gestein wurde gleich als Baumaterial verwendet.
Wann das Schloss erbaut wurde, ist nicht genau datiert. Vermutlich hat aber Heinrich Ludwig von Rothenstein um 1280 den ältesten Teil der heutigen Burg, den nördlichen Teil des Hauptkörpers errichtet. 1482 ging das Schloss nach einem Erbstreit an die Herren von Pappenheim, die zwölf Jahre später eine eigene Linie Rothenstein-Grönenbach gründeten. Das im Bauernkrieg 1525 beschädigte Schloss ging 1612 auf dem Erbwege an die Fugger von Kirchberg-Weissenhorn. Diese erweiterten die Anlage vermutlich um den südwestlichen Turm und den an der Ostseite gelegenen sog. Fuggerbau. Wegen vieler Streitereien, Kriegswirren (30-jähriger Krieg), Pest und Teuerung waren die Fugger offenbar nie recht glücklich mit ihrem Grönenbacher Besitz.
Von Bonaventura Fugger ist gar der Ausspruch überliefert, das "es ihm lieber wäre, er hätte Grönenbach nie gesehen". So erwarb schliesslich 1695 das Fürststift Kempten das als Lehen gegebene Schloss zurück. Fürstabt Rupert von Bodman erwählte sich das Schloss als "Sommersitz ohne Sorgen", setzte zwei Stockwerke auf und erweiterte es nach Süden. Ausserdem wurden die Nebengebäude, das heutige "Ringeisenhaus" (früher Brauhaus) und das ehemalige Altenheim (früher Gärtnerhaus) errichtet.
Nach der Säkularisation zog 1803 ein königlich-bayerisches Landgericht ins Schloss ein, nachdem zuvor das gesamte Inventar verkauft und versteigert worden war. 1878 wanderte das Landgericht nach Memmingen ab. Ein Kaufangebot von 5000 Mark lehnte die Gemeinde ab. Das Schloss ging 1881 an den hessischen Hoffotografen Wilhelm Cronenberg, der dort ein - wenig erfolgreiches - Phototechnisches Lehrinstitut errichtete.
1901 erwarb Dominikus Ringeisen, der Begründer der Ursberger Anstalten das heruntergekommene Schloss. Neben einer Innensanierung wurde von den Ursberger Schwestern 1947-1951 auch eine umfangreiche Aussensanierung vorgenommen.
Das Ringeisenhaus wurde 1926 zu einem Schul- und Pflegehaus umgebaut und beherbergte bis 1977 eine Sonderschule. Danach diente es als Heim für behinderte Erwachsene. Aus dem ehemaligen Gärtnerhaus wurde das bis 2005 betriebene Altersheim.
Zunehmende Personal- und Unterhaltsprobleme führten schliesslich dazu, dass die Ursberger Schwestern die Filiale Grönenbach aufgeben wollten. Wegen der herausragenden Bedeutung für Ort und Region übernahm der Markt Bad Grönenbach, trotz der damit verbundenen erheblichen Belastung, am 20.12.1996 das Schloss und die gesamten Immobilien, obwohl klar war, dass es schwierig werden würde, das Schloss instand zu setzen und diesem aussergewöhnlichen und einmaligen Baudenkmal eine neue Nutzung zu geben.
Seither werden das Schloss und der Schlossgraben im Rahmen der Möglichkeiten für Ausstellungen, Führungen, Konzerte, Vorträge, Feste und standesamtliche Trauungen genutzt. Ziel bleibt aber eine Sanierung und dauerhafte Nutzung des Schlosses. Rund um das Schloss entstand 1998 der Kreislehrgarten, ein beliebtes Ausflugsziel für alle Hobbygärtner.

Innere Ausstattung des Schlosses
Der von einem hohen Dachstuhl bedeckte fünfgeschossige Kernbau verdankt seine aussergewöhnliche Trapezform dem Fels, auf dem er ruht. Der Kernbau wird ergänzt von dem dreigeschossigen Anbau im Osten (Fuggeranbau), einem viergeschossigen Anbau im Süden und einem hohen Turm an der Südwestecke. Die zahlreichen Stuckdecken datieren um 1710/1720.
Keller:
Der Fuggeranbau ist unterkellert. Die Decke bilden zwei Kreuzgratgewölbe.
Erdgeschoss:
Die ehemalige Kapelle im Nordteil enthält eine Stuckdecke mit Blattranken und einer großen Muschel, wohl ehemals in Verbindung mit einem Altar. Die Ostwand der Kapelle wurde entfernt. Hier befand sich auch der Schlossbrunnen. Im Ostteil befinden sich drei Wirtschaftsräume mit Kreuzgratgewölben. Dier Erdgeschossgang ist geschmückt mit kräftigem Rahmenstuck.
Treppe:
Das mächtige Treppenhaus mit Geländer aus kräftigen Holzbalustern wurde wohl 1710/20 eingebaut. Über den Läufen zeigen sich geschwungene Stuckrahmen.
1.Obergeschoss:
Der ehemalige Festsaal (Refektorium) wird geprägt durch eine Stuckdecke mit kräftigem, geschwungenem und gekröpftem Rahmen. In vier von Blattwerk umgebenen Medaillons und Reliefs finden sich phantastische Landschaftsverduten. Der Eichenholzfußboden mit eingelegten Bändern zeigt in der Mitte ein Sternmotiv.
Im ehemaligen Speisesaal finden wir eine Stuckdecke mit geschwungenem Rahmen und Kartuschen mit Blattranken, in den Eckzwickeln Reliefs mit phantastischen Baumlandschaften.
2. Obergeschoss:
Im großen Saal an der Südseite (ehemals Hauskapelle der Ursberger Schwestern) findet sich eine Stuckdeckemit geschwungenem Rahmen mit allegorischen Reliefs mit Amor, umgeben von vier Medaillons, ebenfalls mit allegorischen Reliefs, die Tageszeiten darstellend.
3. Obergeschoss:
Der große Saal an der Nordseite enthält eine Stuckdekce mit großem Mittelspiegel, vier querovale Medaillons mit Landschaftsreliefs, umgeben von Rankenwerk und Girlanden. In zwei weiteren Zimmern finden wir schlichten Rahmenschmuck an den Decken.

Der Förderverein Hohes Schloss e. V. Bad Grönenbach:

Ziel des Vereins ist die Belebung des Hohen Schlosses. Der Verein wurde 1999 gegründet. Obwohl es noch kein langfristiges Nutzungskonzept für das 800 Jahre alte Gemäuer gibt, konnte das Wahrzeichen der Gemeinde mit vilen Projekten und Ideen unterstützt werden. Dazu gehören kleinere bauliche Maßnahmen und eine Nutzungsstudie, aber auch Dreharabeiten zum Kinofilm "Crazy", Schlosskonzerte bei Kerzenlicht, Jazzfrühschoppen, Open-Air-Kino und Dixiekonzerte im Schlossgraben, Weihnachtsmessen, zahlreiche Ausstellungen mit namhaften Künstlern (Werner Specht stellte auch dort schon aus), bis zur besonderen "white night". Alle Veranstaltungen werden von freiwilligen Helfern des Fördervereins betreut. Spenden und Mitgliedschaften sind jederzeit willkommen! Förderverein Hohes Schloss e. V.
Markt Bad Grönenbach
Marktplatz 1
87730 Bad Grönenbach


Das Schloss ist in folgender Tour zu finden:

Nach Bad Grönenbach








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