Herdentiere des Zeitgeistes

Dieser Hochmut, "aufgeklärt" zu sein, Bescheid zu wissen,"kritisch" zu sein, nicht wie "die Massen" und zugleich aber persönlich mit den Ursachen der Misere nichts zu tun haben zu wollen: Das ist das Massendenken von heute.
Die Menschen mischen sich ihr "aufgeklärtes" Weltbild aus den Versatzstücken, aus den Informationsfizeln, mit denen sie von den medialen Verwirrungsmaschinen TV und Internet gefüttert werden oder sie dort vermeintlich selbstbestimmt über Google und Wikipedia finden. Wo ist echte Authenzität, tatsächliche Individualität, nach der doch alle zu streben meinen ? Die Sucht nach Selbsterlösung (sei es durch Konsum, durch "kritisches Denken", durch Sport, Esoterik und Vergnügungen oder durch eine Mischung aus allem) macht in Wahrheit alle Menschen gleich und konform. Mögen Kleidung, Lebensstil und persönliche Vorlieben auch sehr nach Verschiedenheit aussehen, so sind Denken und Fühlen heute dennoch nicht weniger konform als im Kommunismus, wo dies erzwungen war.
Man ist (zu Recht oder Unrecht) empört über dies und das: über die Minister und die Tiertransporte, über die Banken und die Geheimdienste, über den Nachbarn, das CO2 und über die Amerikaner - über jeden (tatsächlichen oder vermeintlichen) Skandal, der in gleissendes Licht gerückt wird. Nur beim Blick in den eigenen "schlammigen Brunnen" begnügt man sich mit einer tranigen Funzel. Es hat etwas Bizarres, dass sich jeder für "anders" und "kritisch" hält und dass doch in dieser ganz grundsätzlichen Lebenshaltung alle immer gleicher werden und damit dem hinterherlaufen, was der Zeitgeist gerade vorgibt.
Ja, dieses Aufgeklärtsein, dessen sich unsere Gesellschaft (eine Fingerzeig-Gesellschaft) so rühmt, ist ein "schwaches, schläfriges Kerzenlicht". Es versagt gerade da, wo es ein Flutlicht sein sollte: Aufklärung finge damit an, diesen schlammigen Brunnen, den wir unser Herz nennen, auszuleuchten.
Allerdings: Dann wäre Ende mit der Mischung aus Spass- und Empörungsgesellschaft. Die dunkle Freude, mit dem Finger auf die anderen zu zeigen, verginge schnell. Es gibt Lustigeres, als sich mit der eigenen grundsätzlichen Unzulänglichkeit, mit der Last aus Schuld und Leiden zu befassen. Und doch: Wie anders sollte sich unser Herz öffnen können, der Erlösungsbedürftigkeit gewahr werden, die so tief reicht, wie diese Schuld und Last ?
Der Mensch, der wahrhaft aufgeklärt, kritisch und authentisch werden will, wird dies durch die Erkenntnis, dass die "Schätze der Weisheit und Erkenntnis" bei Jesus Christus verborgen, aber zu finden sind(vgl.Kol.2,3). Das Herz, dieser schlammige Brunnen, von dem der Dichter spricht, würde zusammengefügt, also heil werden, sagt die Bibel und gestärkt werden (vgl.Kol. 2,1-3) durch eine Umkehr zu dem, der unser Arzt ist, zu Jesus Christus. Wahre Erkenntnis über die Welt, auch über seine eigene Wirklichkeit, muss der Mensch dort suchen, wo sie zu finden ist. Und das ist in Gottes Wort.
Der Dichter Nis Petersen ist hier fündig geworden. Das bezeugt sich unter anderem in dem Gedicht, welches mit den Worten beginnt: "Gibt es noch Menschen, die beten ?" Es endet mit dem Satz "...oder ertrinkt alles im Lärm ?".
In der Tat: Lärm und Unruhe sind das dröhnende Beiwerk der Flucht vor der Gottesfrage. Das gilt heute mehr als jemals zuvor in der Geschichte.
Wer dem lärmenden Wichtigkeitsgedröhn unserer Zeit den Rücken kehrt und sich in die Ruhe begibt, der schafft damit die Voraussetzung für etwas wirklich Grosses, Wirklichkeitsveränderndes. Hoffnung öffnet sich. Mit Gottes Hilfe und in seinem Wort kann jetzt nach tatsächlicher Aufklärung , nach Erkenntnis gesucht werden. Wer so (gegen den Zeitgeist) handelt, kann sich als der von Gott beim Namen Gerufene erkennen, als der von Gott Geliebte und von ihm zu seinen ganz persönlichen Werken Berufene.
Er begibt sich auch auf den Weg, der zu echter Individualität, zu einem tatsächlich authentischen Leben führt, befreit vom Massendenken und Massenleben. Gott will uns nicht als Herdentiere des Zeitgeistes, sondern als authentische Menschen, die sich als von ihm Geschaffene erkennen und als solche zur Freiheit berufen sind. Der authentische Mensch ist der Mensch, der anders und unersetzbar ist. Er ist der Mensch, der zur Gotteskindschaft gefunden hat. Autor: Thomas Lachenmaier, mit freundlicher Genehmigung. Quelle: Die Zeitschrift "Factum", meine Lieblings-Zeitschrift. Ich empfehle jedem, mal ein Probe-Exemplar zu bestellen. Hier: factum-magazin

Kommentar vom Illerschorsch: Dieser Artikel hat mich ertappt, wie ich selber mich auch immer von der Masse abhebend betrachte, und es doch so oft gar nicht bin.