Die überhitzte Prognose

Wird es nur wärmer oder kälter ?Ein kritischer Blick auf Fakten, Meinungen, Politik und die öffentliche Moral im Zusammenhang mit der Klimafrage von Thomas Lachenmaier
<<< aus: factum 5/2008 factum-magazin mit freundlicher Genehmigung >>>

"In den kommenden Jahrzehnten wird es kälter" - mit dieser überraschenden Aussage gingen Wissenschaftler, die bislang eine von Menschen verursachte Erwärmung postulierten, an die Öffentlichkeit. Der überraschende Meinungsumschwung von einigen der führenden Klimaforscher stellt die Seriosität langfristiger Klimaprognosen in Frage. Ein kritischer Blick auf Fakten, veröffentlichte Meinung, Politik und öffentliche Moral.
Nicht nur das Klima ist für manche Überraschung gut, auch die Klimaforschung. Nachdem die Meteorologen des Weltklimarates (IPCC: Intergovernmenetal Panel on climate Change) die ganze Welt von einer Klimakatastrophe überzeugt haben, die in kürzester Zeit mit apokalyptischer Wucht über uns hereinbrechen werde, ja sogar bereits begonnen habe, so verblüffen einige dieser Experten Anfang Mai mit einer anderen Aussage: Es wird kälter, die Erderwärmung ist fürs Erste auf Eis gelegt.
Es war Prof. Mojib Latif, der prominenteste Klimaforscher Deutschlands und einer der Wortführer einer nahenden Klimakatastrophe, der jetzt plötzlich andere Töne anschlug: Anfang Mai publizierte er in der Wissenschaftszeitschrift "Nature" neueste Klimamodelle. Natürliche Schwankungen der Temperatur des Golfstromes und deren Auswirkung auf das Weltklima wurden jetzt besser berücksichtigt. Diesen Studien zufolge wird sich das Klima in Europa in den kommenden ein- bis eineinhalb Jahrzehnten nicht erwärmen, sondern abkühlen. Auch im Nordatlantik und in Nordamerika soll es kälter werden.
Zu diesen Studien scheint es zu passen, daß die erdnahe Temperatur in den vergangenen zehn Jahren konstant blieb und daß der Winter 2007/2008 auf der nördlichen Halbkugel als der kälteste seit Menschengedenken gilt. Ebenso weisen Satellitenaufnahmen von antarktischem Meereis in diese Richtung: Es hat die grösste Ausdehnung seit beginn der Aufzeichnung. Darauf hatte das Alfred-Wegener-Institut in Bermerhaven hingewiesen, das die "Polarstern"-Expedition leitet. Es hatte auch darüber berichtet, daß die Temperatur des Tiefseewassers der Antarktis kälter wird.
Noch im vergangenen Jahr war Prof. Mojib Laetif an der Veröffentlichung des Katastrophenberichtes des Weltklimarates (IPCC) beteiligt, demzufolge es in den kommenden hundert Jahren in Europa fünf Grad wärmer werde, der Mittelmeerraum versteppen und Küstenlandschaften im Wasser versinken werden.
Phil Jones, der Chef-Klimaforscher der University of Anglia, und sein Hadely-Institut in Grossbritannien, welches einer der beiden wichtigsten Lieferanten von Temperaturdaten für die IPCC-Reporte ist, teilt diese Einschätzung. Er sagt voraus, das Jahr 2008 werde das kälteste des Jahrzehnts werden. Im Januar 2007, dem Jahr des aufsehenerregenden Klimaberichts des IPCC, hatte er für 2007 einen neuen Hitzerekord prophezeit, lag mit dieser Aussage allerdings falsch.
Nach dem Eingeständnis führender Klimaforscher, die den Klimawandel damit nicht absagen, sondern nur un einige Jahrzehnte nach hinten verschoben sehen wollen, wäre ein Debatte über die Zulässigkeit solch weitreichender naturwissenschaftlichen Aussagen, wie sie der Weltklimarat trifft, angebracht. Mehr aber noch eine Debatte über die Politik, die als Folge dieser Klimamodelle betrieben wird.
Eigentlich kommen die Aussagen dieser Wissenschaftler einem Offenbarungseid der Befürworter der These von einem rapiden Klimawandel gleich, der bereits begonnen habe. Sollten diese spektakulären Meinungsänderungen, die so plötzlich kamen wie ein Wetterumschwung, nicht ein gewaltiges mediales Echo und in der Politik Beachtung finden ? Diese Resonanz ist ausgeblieben.
Der dramatische Sinneswandel von führenden Klimaforschern wirft ein bezeichnendes Licht auf die Seriosität der öffentlichen Debatte über das Weltklima - und weckt Zweifel an den Prognosen der Klimawächter vom IPCC. Allein die Tatsache, dass die Auswirkungen der Meeresströmungen und ihrer Temperaturentwicklung nicht hinreichend in die Modelle einbezogen wurden, zeigt die Fragwürdigkeit der Methoden, mit denen geforscht wird und damit auch die der erzielten Ergebnisse.
Die jetzt einberechneten Zahlen von Meeresforschern sind vorläufig. Die Klimaforscher räumen ein, dass die Zusammenhänge der Klimadynamik in ihrer Komplexität noch nicht hinreichend untersucht und verstanden sind. Aber nicht nur die Auswirkung von Prozessen in den Weltmeeren auf das Klima sind nur zum Teil bekannt. Nicht ausreichend berücksichtigt sind in den Klimamodellen auch neuere Erkenntnisse über den Gasaustausch von Savannen- und Wüstenböden mit der Atmosphäre, kritisiert der Geowissenschaftler Andrew Thomas. Je nach Trockenheit nimmt der Boden CO2 auf oder gibt Kohlenstoff ab. "Wüsten bedecken mehr als ein Drittel der Landoberfläche der Erde", so Thomas. Diese schiere Fläche mache den Wüstenboden zu einem wichtigen Faktor im irdischen Kohlenstoff-Haushalt.
Auch Pflanzen nehmen Kohlenstoff auf und stellen einen gewaltigen CO2-Speicher dar. Je wärmer es ist, desto mehr Kohlenstoff nehmen die Wälder auf. In den Weltmeeren werden ebenfalls riesige Mengen Kohlenstoff gespeichert und abgegeben. Die CO2-Kreisläufe gestalten sich äusserst komplex.
Auch die Erkenntnisse anderer wissenschaftlicher Disziplinen werden möglicherweise özu wenig zur Kenntnis genommen. Renommierte Wissenschaftler, wie etwa der Astrophysiker Nir Shaviv, sind der Meinung, dass die Temperaturschwankungen auf der Erde wenig mit CO2, aber viel mit Veränderungen des Magnetfeldes der Sonne zu tun haben. Die kosmische Strahlung hat grossen Einfluss auf die Wolkenbildung.
Erkenntnisse, die nicht in das Muster der landläufigen Meinung passen, finden in einer auf die Klimaerwärmung fixierten Medienlandschaft weniger Niederschlag. Das belegt unter anderem eine Studie des Instituts für Puplisistik der Universität Mainz, die soeben in Buchform veröffentlicht wurde. Jüngere Berechnungen des Niels-Bohr-Instituts in Kopenhagen zeigen, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre im Laufe der Erdgeschichte keinen Einfluss auf die starken Temperaturschwankungen hatte.
Auch der Chemiker Heinz Hug wird mit seinen umfangreichen wissenschaftlichen CO2-Untersuchungen wahrscheinlich keine Schlagzeilen machen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Einfluss des CO2 auf das Klima vernachlässigbar gering ist. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" bescheinigte seinen Studien "ausserordentliche Sorgfalt". Wenn man zu diesem Umstand hinzu noch bedenkt, dass 98,8 Prozent des CO2-Aussstosses auf der Erde natürliche Ursachen haben und nicht durch menschliche Aktivität bedingt sind, wird es doch recht unwahrscheinlich, dass es allein der menschliche Einfluss sein soll, der die postulierten Wirkungen hat. Und es erscheint noch unwahrscheinlicher, dass das Klima etwas ist, auf das der Mensch durch "Klimapolitik" regulierend eingreifen kann.
Auch eine Studie von Ernst Beck, die demnächst erscheinen wird, an der auch zwei Nobelpreisträger beteiligt waren, wird wohl keinen Medienwirbel auslösen. Die Studie weist nach, dass die CO2-Konzentration starken Schwankungen unterworfen ist und allein in den vergangenen 200 Jahren mehrfach höhere CO2-Konzentrationen als heute bestanden: 1825, 1857 und 1942.
Eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Erkenntnissen und empirischen Beobachtungen lassen die von Klimapropheten postulierten Zusammenhänge fragwürdig erscheinen. So etwa den Zusammenhang von Hurrikanhäufigkeit und CO2-Emission. Forscher des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften machten bei der Untersuchung von Meereskorallen interessante Entdeckungen. Durch den jährlich schwankenden Zuwachs an Kalk und dessen unterschiedliche Zusammensetzung lassen sich bis ins Jahr 1918 zurück Erkenntnisse über Wassertemperaturen und Niederschlag gewinnen. Die Meeresforscher ermittelten durch den Abgleich der gewonnenen Informationen mit denen der Hurrikanhäufigkeit, dass die Rekordzahl an Hurrikanen im Jahr 2005 nicht durch eine vom Menschen angestossene Klimaerwärmung, sondern durch natürliche Klimaschwankungen zu erklären sind. Diese Untersuchungen wurden in "Science" publiziert.
Dass wir es heute keineswegs mit einer Klimasituation zu tun haben, die durch den Menschen wesentlich beeinflusst wurde, legen auch Ergebnisse von Studien der dänischen Wissenschafler Lassen und Frijs-Christensen nahe. Ihre Forschunden sind "überwältigende Belege" dafür, dass die Temperatur auf der Erde eine Folge der Sonnenaktivität ist, schreibt die FAZ.
Das Weltklima verfügt wahrscheinlich, wie jedes biologische System, auch über sehr komplizierte Selbstregulationsmechanismen. Für die vergangenen Jahrtausende wurden mehrere Klimaumschwünge auf der Erde nachgewiesen, an denen der Mensch keinen Anteil gehabt haben kann. Vor dem Hintergrund der kaum zu überschauenden komplexität der Materie entspräche das Eingeständnis, dass man die zukünftige Entwicklung des Klimas nicht exakt vorhersehen kann, wissenschaftstheoretischer Redlichkeit. Aber davon sind die Verantwortlichen des Weltklimarates weit entfernt. Die These vom rapiden Klimawandel hat die Meteorologie von einer kaum beachteten Disziplin zu einer Leitwissenschaft gewandelt. Die Hybris des Weltklimarates scheint Ursache und Folge dieses Wandels zugleich zu sein.
Der Weltklimarat postuliert, in ferne Zeiträume blicken und exakte Voraussagen treffen zu können. Die Verlautbarungen klingen wie solche von Propheten, nicht wie Aussagen von Forschern, die auch um die Grenzen ihrer Möglichkeiten wissen. Die mediale Öffentlichkeit und die Politik vertrauen den hohen Dekreten des IPCC, als gälten für dieses Gremium nicht mehr die Grenzen wissenschaftlicher Erkenntnis.
Auf diese Begrenztheit verweist die Kehrtwende führender Klimaforscher in aller Deutlichkeit. Als Futurologe ist die Klimatologie überfordert. Es fällt Meteorologen nach wie vor schwer genug, das Wetter auch nur der kommenden Wochen vorauszusagen. Künftige Entwicklungen sind nicht durch Gesetze erklärbar und damit vorhersehbar, weil sise auch durch in der Zukunft liegende Faktoren beeinflusst werden, von denen man noch nichts weiss. Etwas anderes zu behautpen, ist mehr als kühn und nach wissenschaftlichen Kriterien als fragwürdig zu beurteilen. Besonders, wenn es sich bei dem Gegenstand des Interesses um etwas so unvorstellbar Komplexes wie das Klima handelt: Tausende von Parametern spielen hier eine Rolle, von denen viel noch kaum erforscht sind.
Vieles spricht dafür, dass das Klima sich langfristig erwärmt. Im vergangenen Jahrhundert nahm die durchschnittliche Temperatur des Weltklimas um 0,6 Grad zu, so der Klimaforscher Prof.Latif. Dass der menschliche Einfluss auf das Ökosystem Erde negativ ist, das ist offenkundig. Das ganze moralische Fiasko der Klima-über-alles-Bewegung aber wird deutlich, wenn man bedenkt, dass als Folge der Klimahysterie Grundnahrungsmittel in Treibstoff verwandelt werden. In Deutschland etwa bauen Landwirte bereits heute auf 15 Prozent der genutzten Ackerflächen Pflanzen zur Energiegewinnung an. Ein Drittel der US-Maisernte wird 2008 in Automotoren verfeuert. Von der verarbeiteten Maismenge zweier Tankfüllungen könnte ein Mensch ein Jahr lang ernährt werden.
Der UN-Sonderbeauftragte für das Recht auf Nahrung, der Schweizer Jean Ziegler, formuliert: "Biotreibstoff ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit." Durch die Verknappung von Mais udn Weizen - die durch ihre Umwandlung in Treibstoff verstärkt - werden sie als Spekulationsobjekte noch begehrter. Allein von Februar bis März stieg der Weizenpreis um 120 Prozent. Auch Joachim von Braun, der Leiter des International Food Policy Research Institute in Washington, ist der Ansicht, dass es nicht zu verantworten ist, Grundnahrungsmittel in die Ethanol- und Biodieselproduktion zu geben. Ungeachtet der Kritik fordert der Weltklimarat, die Beimischung von Biosprit bis zum Jahr 2020 zu verdoppeln.
Im Schatten der Aufregung um das Klima geraten viel schlimmere Probleme völlig aus dem Blick, kritisiert der dänische Wissenschaftler Prof. Björ Lomborg. Er hatte 2004 ein Treffen renommierter Ökonomen organisiert, darunter auch Nobelpreisträger. Ziel der Konferenz war es, die drängensten globalen Probleme zu definieren. Auf breiter Datenbasis gingen sie der Frage nach, wo man am besten ansetzen sollte, um möglichst vielen Menschen möglichst effizient zu helfen. Ergebnis: Der Klimaschutz landete weit unten auf der Prioritätenliste. Gerade bei den akuten Problemen, so die Wissenschaftler, ist mit relativ wenig Geld auch tatsächlich große Hilfe möglich. Einer UN-Schätzung zufolge könnten mit der Hälfte der Gelder die zur Umsetzung des Kyotoprotokolls ausgegeben werden, wirklich drängende Probleme dauerhaft gelöst werden: Trinkwasser, Gesundheitsvorsorge, Bildung. Laut WHO sterben jährlich 1,7 Millionen Menschen an Durchfallerkrankungen die meisten davon Kinder, weil sie kein sauberes Trinkwasser zur Verfügung haben. Die Therapie würde nur sehr wenig Geld kosten.
Der Hydrobiologe, Politikwissenschaftler udn Wissensjournalist Edgar Gärtner hat sich in seinem Buch "Öko-Nihilismus - eine Frage der Politischen Ökologie" kritisch# mit dem Denken auseinandergesetzt, das auch der Klimadebatte zugrunde liegt. Für ihn ist die Vernachlässigung der eigentlich drängenden Probleme Armut, Hunger und Krankheit zugunsten des Klimawandels auch eine Folge des Abkoppelns der Europäischen Union von ihren christlichen Wurzeln. Er fragt in einem Gastkommentar für die Tageszeitung "Die Welt": "Wann wird sich die EU wieder an ihrem christlichen Erbe statt an weltverbesserungsplänen orientieren ?" Es widerspräche dem natürlichen Emfpinden eines Menschen, so Edgar Gärtner, auch nur einen Kanten Brot wegzuwerfen, der etwas hart geworden ist. Dennoch haben sich viele Menschen als Folge der Klimahysterie davon überzeugen lassen, es sei sinnvoll und moralisch geboten, aus Getreide Sprit zu produzieren, anstatt Brot zu backen.
Im Zuge der vermeintlichen ethischen Klimapolitik ist das Empfinden für den gesunden Menschenverstand ausser Acht geraten - und das war und ist eine Folge von suggestiver Werbung. Die moralische Relevanz dieses Handelns wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass 850 Millionen Menschen Hunger leiden. Jedes Jahr verhungern 35 Millionen Menschen. Die Produktion von Biosprit verringert das Angebot an Nahrungsmitteln und verteuert die vorhandenen Lebensmittel zusätzlich.
Die Klimadebatte wird in der Öffentlichkeit beurteilt, als handelten ihre verschiedenen Protagonisten ausserhalb des Macht- und Interessengefüges dieser Welt. Aber auch hier geht es keineswegs nur altrusitisch um das Gute und Wahre, sondern um Interessen. Wie bei jeder anderern Auseinandersetzung spielen auch hier Partikularinteressen der Beteiligten eine Rolle. Es lohnt sich, einmal zu schauen, wer von dieser Debatte um das Klima und vor allem von dem daraus resultierenden politischen und ökonomischen Handeln profitiert.
Geradezu dramatische Vorteile ergeben sich durch die Annahme eines drohenden Klimawandels für jede, die darüber zu befinden haben, ob es ihn überhaupt gibt. Für meteorologische Institute und Universitätendepartments ist das Aufkommen dieses Themas in dieser Dramatik von existenzieller Bedeutung. Es geht hier um die Zukunft von Istituten, um handfeste Interessen: lukrative Jobs, Forschungsgelder, um Gelder für Kongresse und um Karrieren, um Publikationen und Beraterhonorare, um Renommee. Als Kassandra des Klimawandels ist die Klimatologie von einer Randwissenschaft zur vermeintlichen Retterin der Menschheit aufgestiegen.
Die Argumentationsführung von Vertretern der Theorie einer Klimaerwärmung infolge menschlichen Handelns trägt zum Teil propaganistische Züge. Propaganda ist dann am erfolgreichsten, wenn sie die Menschen davon überzeugen kann, ein bestimmtes Handeln entspreche wissenschaftlicher Erkenntnis und sei deshalb moralisch geboten. Das 20. Jahrhundert ist voller Beispiele für das Verhängnis dieses Sachverhaltes. Der "wissenschaftliche Materialismus" des Marxismus-Leninismus war ein schreckliches Exempel dafür. Es hat Millionen Menschen das Leben gekostet.
Die Klimawandel-Kampagne hat überragende politische Wirksamkeit gezeigt. Ein Milliardenvermögen wird in Massnahmen investiert, von deren positiver Wirksamkeit für das Weltklima sogar viele Verfechter einer Klimaerwärmung nicht überzeugt sind. Diese Politik hat moralisch in eine Sackgasse geführt. Mit Schrecken sehen jetzt viele Menschen, dass der Glaube daran, das Gute zu tun, nicht davor bewahrt, etwas sehr Schlechtes zu befürworten: Getreide in Treibstoff zu verwandeln.
Die eifrigsten Warner vor dem Klimawandel sind auch seine stärksten Profiteure. Es ist recht einträglich, vor einer Gefahr zu warnen und das Mittel dagegen zu verkaufen. Da ist nicht nur Al Gore zu nennen, der für einen Vortrag ein Honorar von 200.000 US-Dollar erhält und dessen Öko-Investmentfirma eine Goldgrube ist.
Auch politisch hat ihn der Aufwind der Klimadebatte wie einen Phönix aus der Asche auferstehen lassen: Als Präsidentschaftskandidat gescheitert, gilt er inzwischen als zukunftsgewandter Politiker mit Visionen. Sein Werbefilm "Eine unbequeme Wahrheit" hat ihm zu einem Oscar und einem opulenten Finanzpolster verholfen. Der Film appeliert an die Emotionen, er arbeitet geschickt mit anrührenden Bildern. Und er ist genau das nicht, was er vorgibt zu sein: die Wahrheit.
Als Al Gore falsche Aussagen in seinem Film nachgewiesen wurden, zeigte er sich wenig beeindruckt. Um eine gute Sache verständlich und wirksam darzustellen, sei es legitim, auch einmal etwas dick aufzutragen. Da hat er nicht recht. Für eine gute Sache genügt die sachliche Information. Jede Lüge diskreditiert die gute Sache. Mehr noch: Sie ist ein Hinweis, dass es doch keine ganz so gute Sache ist, sondern dass jemand politischen Nutzen aus der Sache ziehen will. Die Wahrheit braucht keine Schützenhilfe durch Übertreibung und Lüge.
Schon heute könne man die Folgen des Klimawandels daran erkennen, dass die Eisbären sterben. Unterlegt wird diese Behauptung mit anrührenden Bildern von Eisbärenfamilien, denen das Eis unter dem Fell wegzuschmelzen scheint. An der Hudson Bay sei die Zahl der Eisbären von 1987 bis 2004 von 1200 auf 950 gesunken. Obwohl diese Zahl stimmt, ist das Ganze doch eine Lüge, weil der Blick zu eng gewählt wurde. 1981 waren es nämlich nur 500 Bären. Die Zahl der Eisbären hat also nicht abgenommen, sondern zugenommen.
Eigentlich müsste man die Tierpopulation nicht nur in der Hudson Bay, sondern überregional in den Blick nehmen. Dann ist die Bilanz noch eindeutiger: In den Sechzigerjahren gab es 5000 Eisbären, heute sind es 25000. Wer die Filmbilder sieht und die in die Irre führenden Zahlen dazu hört, hat keine Chance, sich ein wahrheitsgemäßes Bild zu machen. Er ist das Opfer von Propaganda geworden.
Das Klimathema bietet Politikern gute Profilierungsmöglichkeiten. Bessere jedenfalls als eines, bei dem sich die Effizienz ihres Handelns noch beobachten lässt: Steuerlast, Staatsverschuldung, Arbeitslosigkeit. In der Klimapolitik können Politiker entschlossenes Handeln demonstrieren und dafür schon jetzt die Lorbeeren geniessen. Ob dieses Handeln notwendig und wenn ja, ob es hilfreich war, wird sich erst in vielen Jahrzehnten erweisen.
Mit Erfolg ist die Frage einer möglichen Klimaerwärmung zur Überlebensfrage der ganzen Menschheit stilisiert worden. Die Politiker handeln und geben Geld aus. Summen, für die sich schwerlich ein Vergleich finden lässt. Die wirtschaftlichen Kosten des Kyoto-Protokolls belaufen sich auf mindestens 150 Milliarden Dollar pro Jahr für den Rest des Jahrhunderts. Die Effekte, die man sich davon verspricht, sind vor allem pädagogischer Natur.
Diese jährlich 150 Milliarden werden nicht nur ausgegeben. Sie werden auch eingenommen. Jeder Franken, Euro, Dollar, der zur Abwehr des Klimaerwärmung ausgegeben wird, findet seinen Empfänger. Es wäre völlig naiv, zu meinen, dieses überragende ökonomische Interesse habe keine Interessenvertretung, keine entsprechende Lobby. Energieunternehmen, Umweltfonds, Solarindustrie, Windkraftkonzerne, Verbände: Der Glaube an die Klimakatastrophe hat einträgliche Folgen.
Das gilt auch für Umweltverbände, die sich teils durch öffentliche Gelder, teils durch Spendengelder finanzieren. Auch hier wird häufig wenig sachlich mit zahlen operiert. Der World Wildlife Fund (WWF) schreibt zu den Ursachen des Klimawandels: "Hauptquelle für Treibhausgase, insbesondere CO2, ist die Erzeugung von Energie." Diese Aussage ist mehr als falsch: gerade einmal 1,2 Prozent des CO2 hat anthropogene Ursachen. Fast alles CO2 entsteht durch die Lebewesen, die den Planeten bevölkern - und die dem WWF doch so am Herzen liegen.
Auch das Leisetreten der Autoindustrie in der Klimadebatte hat einen guten Grund: Nur mit neuen Autos ist Geld zu verdienen. Öffentlicher Druck für umweltfreundlichere Autos, gesetzliche Vorschriften zur Verschrottung älterer Fahrzeuge können der Automobilindustrie nur recht sein. Auch hier wäre ein genauer Blick auf die Ökobilanz sinnvoll: Es ist umweltfreundlicher, ein ganz normales Auto über viele Jahre lang zu fahren, als alle zwei Jahre eine grosse Limousine mit Abgaswerten auf neuestem Stand zu erwerben, deren Produktion sehr viel Energie, Wasser und Rohstoffe kostet.
Die politischen Massnahmen gegen die erwartete Klimaerwärmung halten einer wissenschaftlichen Analyse in vielen Fällen nicht stand. Beispiel Bio-Diesel: Durch das Anpflanzen von Mais, Raps und Palmöl entstehen mehr Treibhausgase als durch die daraus gewonnenen Biokraftstoffe eingespart werden. Das geht aus drei Studien hervor, die in den Journalen "Science" und "Atmospheric Chemistry and Physics" veröffentlicht wurden.
Der Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz weist zudem darauf hin, dass Dünger drei bis fünf Mal mehr Lachgas freisetzt als bislang angenommen. Das stickstoffhaltige Lachgas erwärmt die Erde 300-mal so stark wie Kohlendioxid. Biodiesel aus Raps sei schon aus diesem Grund bis zu 1,7 Mal klimaschädlicher als normaler Treibstoff.
Um Biosprit zu erzeugen, werden in Indonesien Urwälder vernichtet. Durch Brandrodungen entstehen mehr als 400 Mal so viel Kohlendioxid wie mit Hilfe von Palmöl auf der selben Fläche gespart werden kann. Das sind Ergebnisse einer im Wissenschaftsmagazin "Science" veröffentlichten Studie, die ein Team um den Wissenschaftler Joe Fargione erstellt hat.
Über wissenschaftliche Kreise hinaus finden solche Erkenntnisse relativ wenig Beachtung. Die Folgen der Klimapolitik werden selten in den Blick genommen. Eine Bewertung wie die des Journalisten Michael Miersch ist eine Ausnahme. Er schreibt im Berliner "Tagesspiegel": Um die europäische Nachfrage nach Biotreibstoffen zu befriedigen, werden der Regenwald abgebrannt und Ölpalmplantagen angepflanzt. Wir opfern dem Klimagott ein Zentrum der Artenvielfalt."
Es ist an der Zeit, dass die überhitzte Klimadebatte versachlicht wird und ihre Folgen überdacht werden. Auf den Äckern muss Getreide für Brot wachsen, nicht für Motoren. Die wechselhaften und widersprüchlichen Prognosen über die künftige Entwicklung des Weltklimas können für den Laien nur bedeuten, die Debatte mit einer gewissen Zurückhaltung und Skepsis zu betrachten. Für den in Wissenschaftstheorie Bewanderten ist es ohnehin klar, dass Aussagen über eine ferne Zukunft - auch wenn sie auf empirischem Material und naturwissenschaftlicher Methodik beruhen - mit nüchterner Distanz zu begegnen ist.