Von der Marktwirtschaft zur Machtwirtschaft
Wirtschaftsprofessor Werner Lachmann über die Bedeutung christlicher Werte in der Wirtschaft
<<< aus: factum 4/2008 factum-magazin mit freundlicher Genehmigung >>>
factum: Grundlage der sozialen Marktwirtschaft ist, dass verantwortliche Unternehmer ihr Handeln an bestimmten Normen und Werten ausrichten.
Täuschen die Nachrichten von Skandalen und überhöhten Managergehältern, oder sind die in der Wirtschaft Tätigen heute tatsächlich verantwortungsloser
als früher?
Lachmann: Zu allen Zeiten gab es unverantwortlich handelnde Unternehmer, man denke nur an die Ausbeutung der Bauern oder die Entstehung der
Sozialen Frage während der Industrialisierung. Die Informationslage ist heute besser, so dass es den Anschein hat, als wäre die Wirtschaft
heutzutage korrupter als damals. Korruption gibt es schon seit Jahrtausenden. Der Mensch hat sich im Tiefsten kaum geändert. Allerdings gab es
Zeiten, in denen ein höherer ethischer Standart galt als heute.
factum: Sie haben den Begriff "brutale Marktwirtschaft" geprägt und damit aktuelle Entwicklungen in der Sozialen Marktwirtschaft kritisiert.
Was meinen Sie konkret damit ?
Lachmann: Eine Soziale Marktwirtschaft benötigt eine Mindestmoral und bestimmte Rahmenbedingungen, die zum Beispiel den Leistungswettbewerb
absichern. Wir beobachten einen starken Verfall der Werte und ein Versagen der Wettbewerbspolitik des Staates. Die politisch geförderte
wirtschaftliche Machtanballung, etwa in Form von Megafusionen, führen von der Marktwirtschaft zu einer Machtwirtschaft. Politiker werden von den
grossen Konzernen abhängig, etwa dadurch, dass Konzerne Parteien fördern oder auch ganz direkt durch die Bestechung von Politikern. Verwiesen
sei in diesem Zusammenhang auch auf die "Leihbeamten", die von Wirtschaftsgruppen den Ministerien zur Verfügung gestellt werden.
Das moderne Management sieht den Arbeitnehmer nur als Kostenfaktor. Der fehlende Wettbewerb erlaubt es, Druck aufd die Arbeitnehmer auszuüben,
Lohnsenkungen durchzusetzen und die Kunden zusätzlich über hohe Preise auszubeuten. Statt eines gesunden Wettbewerbs erleben wir zunehmend
eine Ausbeutung von Kunden und Arbeitnehmern durch Macht.
factum: Man hat den Eindruck, dass in der Wirtschaft immer mehr das kurzfristige Interesse der Aktionäre befriedigt werden soll und nicht das
langfristige; das Wohl des Unternehmens, das Wohl der Beschäftigten, das Wohl der Gesellschaft. Teilen Sie diesen Eindruck ? Was sind die
Ursachen ?
Lachmann: Als noch die Eigentümer ihre Firmen leiteten, hatten sie ein Interesse an dem langfristigen Wohlergehen ihres Unternehmens. Mit Hilfe
betriebswirtschaftlicher Maximierungsmodelle hat sich die Idee der Maximierung des Gewinns durchgesetzt - ohne die Notwendigkeit des Leistungs
wettbewerbs zu berücksichtigen. Hohe Gewinne sind ein Zeichen fehlenden Wettbewerbs: Entweder werden die Kunden oder die Arbeitnehmer ausgebeutet -
oder beide. Mit Hilfe der Politik werden der Leistungswettbewerb und die wirtschaftliche Freiheit eingeengt. Auch hier können wir beobachten,
dass Macht die Menschen korrumpiert.
factum: Die Bibel betont, dass der Mensch als freies Wesen geschaffen wurde. Das heisst zunächst, er ist auch in seinem ökonomischen Handeln
frei, frei zum Unternehmertum. Kann man daraus folgern, dass die Bibel für eine freie oder soziale Marktwirtschaft plädiert ?
Lachmann: Die Bibel schreibt keine Wirtschaftsordnung vor. Sie fordert verantwortliches Handeln - unter Berücksichtgung der Nöte der Armen.
Eine Soziale Marktwirtschaft widerspricht biblischen Überlegungen nicht.
factum: Sehen Sie im Streben nach Reichtum oder in Reichtum an sich ein geistliches Problem ? In Jakobus 2 lesen wir, dass es für einen Reichen
schwer ist, Gott zu lieben.
Lachmann: Ja, denn: Fällt euch Reichtum zu - hängt euer Herz nicht dran (Psalm 62,11). Auf den ungewissen Reichtum soll ein Christ nicht
hoffen (1.Tim. 6,17). Ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums (Jer.9,2). Paulus kritisiert, dass Geldgier einige vom Glauben abirren
liess und Reichtum zum Unterschiedsmacher in der Gemeinde wurde!
factum: In der Apostelgeschichte (4,32 bis 37) wird von den Gläubigen berichtet, dass auch nicht einer gesagt habe, dass etwas von seiner
Habe sein Eigen sei - es sei vielmehr allen gemeinsam. In Lukas 6,20 und 24 bis 26, auch in Jakobus 4,1 bis 5, wird Reichtum sehr kritisch
beurteilt. Was für ein Verständnis von Besitz lehrt die Bibel ?
Lachmann: Die Bibel steht für den Mittelstand. Jeder wird unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum sitzen (Micha 4,4). Über Eigentum
darf man sich freuen und es als Haushalter verantwortlich nutzen ! Auch hier gilt Treue im Kleinsten. Der treue Knecht wird mit grossen Aufgaben
belohnt (Matthäus 25,21 sowie Lukas 19,17).
factum: Das idividuelle Streben nach Gewinn hat im Rahmen der Sozialen Marktwirtschaft Europa grossen Wohlstand beschert. Man könnte sagen,
dass Markt und Wettbewerb eine ethische Qualität haben, dass sie sogar eine Form von "Caritas" sind. Wie sehen Sie das ?
Lachmann: Durch Wettbewerb wird der Marktpartner zur praktizierten Nächstenliebe angeregt. Um ein hohes Einkommen zu erzielen, muss der
Betreffende dem Marktpartner dienen, so dass er seine Bedürfnisse befriedigen kann. Bei funktionierendem Wettbewerb hat der Partner eine
Auswahl und kann bei schlechtem Service seinen Marktpartner wechseln, und somit kann keiner Macht ausüben. Weil der Marktpartner "mein Geld
liebt" - nicht mich! - und es nur mit meiner Zustimmung erhält, wird er parktisch "Nächstenliebe praktizieren". Die Soziale Marktwirtschaft
fördert diese Art der "Caritas".
factum: Im Zentrum jüdisch-christlichen Denkens steht das Gebot "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst". Kann man sagen, dass die Bibel mit
diesem Wort individuelles Vorteilsstreben nicht verurteilt, sondern in eine Gesamtverantwortung einbettet ?
Lachmann: Ja! Nur wer sich selbst liebt, kann auch den Nächsten lieben. Die Eigenliebe ist Massstab für die Ethik.
factum: Staatliche Überreglementierung des unternehmerischen Handelns oder gar eine Staatswirtschaft haben desaströse Folgen gezeigt.
Andererseits findet auch eine liberale Wirtschaftsordnung viele Kritiker. Wo sollen die Grenzen unternehmerischen Handelns sein und wer sollte
diese setzen ?
Lachmann: Funktionierender Wettbewerb und eine funktionierende REchtsordnung schützen den Einzelnen - solange er leistungsfähig ist. Für die
nicht Leistungsfähigen trägt die Gesellschaft eine Verantwortung. Die Armen stehen unter dem Schutz Gottes!
Die Grenzen unternehmerischen Handelns liegen in den Tugenden, die auch in der Wirtschaft zu beachten sind. Gottes Gebote beachten, zum Beispiel
nicht zu betrügen, schafft das notwendige Moralkapital, das der Markt benötigt. Ohne ein gewisses Mass an Ehrlichkeit und Vertrauen ist
wirtschaftliches Handeln nicht möglich.
factum: Die Erfahrugen mit Eingriffen des Staates in das Wirtschaftssystem sind negativ: Misswirtschaft, Korruption, die Eigenverantwortung
wird zu gering geachtet. Wie soll man die Verhältnisse verbessern, wenn die wirtschaftlich Starken ihre Macht missbrauchen und der Staat als
regulierende Instanz überfordert ist ?
Lachmann: Mit Hilfe der Sozialen Marktwirtschaft ist dieser Mittelweg versucht worden. Es waren Christen, die sich um die Gestaltung der
Wirtschaftsordnung bemühen und an der Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft mitwirken. Es bedurfte das Durchsetzungsvermögen eines Ludwig
Erhard, den Interessensgruppen lange Zeit widerstanden zu haben.
Das Grundproblem liegt in der Korruptheit der Eliten. Singapur hat ein phantastisches Wirtschaftswachstum dank der Politik von Premierminister
Lee erreicht, der sich für eine saubere Verwaltung einsetzte und die Korruption bekämpfte. Singapur gehört, neben den skandinavischen Staaten,
zu den Ländern mit der niedrigsten Korruptionsrate.
factum: Die Bibel sagt "Du sollst nicht begehren", die Konsumwirtschaft sagt "Du sollst begehren". Ist unser Wirtschaftssystem unchristlich,
wenn es Dinge produziert, die niemand wirklich braucht ?
Lachmann: Das Begehren ist Teil des Menschen und Folge des Sündenfalls - keine Eigenart der Marktwirtschaft. Der Wettbewerb sorgt dafür, dass dieses
"Begehren" durch die Gegenleistung eingeschränkt wird: wer etwas haben will, muss einen Preis dafür bezahlen. Der Masslosigkeit werden also
Grenzen gesetzt.
factum: Ein ganzer Wirtschaftszweig, die Werbewirtschaft, lebt davon, künstlich Bedürfnisse - Begehren- zu wecken. Wie beurteilen Sie das ?
Lachmann: Eigentlich sollte die Werbewirtschaft informieren, was positiv zu werten ist. Jedoch arbeiten hier auch sündige Menschen, die mit
Tricks die Menschen zum Kauf überreden wollen. Mündige und informierte Bürger sollten die Freiheit haben, zu entscheiden, wie sie ihr Einkommen
verwenden wollen. Wird etwas produziert, was niemand braucht, dann wird der Produzent Verluste erleiden und die Produktion einstellen. Aber:
warum soll es unchristlich sein, Dinge zu produzieren, die Menschen freiwillig kaufen ? Wer sollte dann festlegen, was produziert werden soll ?
factum: Ist ein marktwirtschaftliches System überhaupt denkbar, in dem keine Bedürfnisse künstlich geweckt werden, in dem nicht immer mehr
produziert wird ?
Lachmann: Ja! Ludwig Erhard verfolgte keine Wachstumsziele. Wenn die Bürger mit dem Erreichten zufrieden sein sollten, wird die Wirtschaft
stagnieren. Allerdings werden sich immer wieder neue wirtschaftliche Möglichkeiten auftun. Für die technischen Hilfen zur Erleichterung der
Arbeit darf der Christ auch dankbar sein.
factum: "Dein Wandel sei ohne Geldliebe; begnügt euch mit dem, was vorhanden ist..." lehrt die Bibel in Hebräer 13, Vers 5. Wenn alle Menschen
dem Beispiel Jesu folgen würden und ein Leben ohne Besitzstreben führten, ohne unnötigen Besitz: Würde dann nicht unser ganzes Wirtschaftssystsem
zusammenbrechen ?
Lachmann: Ohne Nachfrage keine Produktion. Neue Produkte, die wegen der Entwicklungskosten teuer sind, können nur die Reichen nachfragen. Nur
Gesellschaften, wo es Reiche und Mittelstand gibt, haben dynamisches Wachstum. Sind alle Bürger gleich arm, wird es keinen technischen Fortschritt
geben. Gibt es nur wenige Reiche, dann importieren jene die Luxusgüter, die in Gesellschaften mit Mittelstand dann für jeden verfügbar werden.
Erst kauften nur Reiche die neuen CDs, weil sie teuer waren, dann der Mittelstand, nachdem durch Nachfragesteigerung die Stückkosten sanken,
zuletzt konnten sich auch die Armen Luxusgüter wie Fernseher und CD-Recorder leisten! Jesus würde heute wohl auch das Telefon und das Auto
benutzen!
factum: Die Nachfrage nach Luxusprodukten boomt. Wer eine sündhaft teure Rolex Daytona kaufen möchte, muss fünf Jahre Wartezeit in Kauf nehmen.
Luxuskarossen, Zigarren zum Stückpreis von 80 Euro verkaufen sich wie warme Semmeln. Zugleich geraten ärmere Schichten, jetzt auch die
Mittelschicht, immer stärker unter Druck und in Unsicherheit. In europäischen Ländern, auch im globalen Massstab, wächst die Kluft zwischen
Arm und Reich. Wie kann das Fortschreiten dieser Polarisierung gestoppt werden ?
Lachmann: Durch eine Politik der Sozialen Marktwirtschaft und die Begrenzung politischer Macht. Wer schützt den Bürger vor verfehlter, korrupter
Wirtschaftspolitik ? Interessengruppen bezahlen Politiker und Parteien, die sich dann für diese Interessengruppen einsetzen und Steuergelder
an diese Konzerne und Interessengruppen verteilen. Solange Politiker Nebeneinkünfte haben dürfen, werden sie korrupt handeln. Das Problem liegt
in den politischen Rahmenbedingungen. Seit 3000 Jahren unterliegen die Menschen der politischen Propaganda und leiden unter der Korruption
der Mächtigen. Die Politik verhindert freien Leistungswettbewerb; je geringer der Wettbewerb, desto grösser die Einkommensungleichheiten.
factum: Was sagt die Bibel über Besitz - etwa von Produktionsmitteln, von Land aus ?
Lachmann: Die Bibel schützt das Eigentum an Produktionsmitteln langfristig. Alle 50 Jahre, im so genannten Halljahr oder Jubeljahr, musste
Produkivvermögen, nicht Konsumvermögen wie Häuser in einer Stadt, den ursprünglichen Eigentümern zurückgegeben werden. Man kaufte und verkaufte
gewissermassen nur eine Anzahl von Ernten - aber nicht das Land an sich.
factum: Heisst das, dass letztlich alles Gott gehört ?
Lachmann: Ja, das ist richtig. Die Bibel sagt: Gott ist der rechtmässige Eigentümer, der Mensch ist der Besitzer auf Zeit, der es nutzen darf.
factum: Die Bibel betont die Freiheit des Menschen, sich für den einen oder anderen Weg zu entscheiden. Aber auch seine Verantwortung, Entscheidungen
vor anderen Menschen und vor Gott zu rechtfertigen. Kann man aus dem, was die Bibel lehrt, ein bestimmtes Wirtschaftssystem folgern ? Gibt es
ein "christliches" Wirtschaftssystem ?
Lachmann: Nein, es gibt nur ein verantwortliches Handeln als Christ auch in der Wirtschaft. In allen Wirtschaftsordnungen kommt es auf das
Verhalten des einzelnen Menschen an. Entscheidend ist der Charakter des Menschen, sein individuelles Verhalten.
factum: Noch in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nahmen Wirtschaftslehrbücher Bezug auf unser jüdisch-christliches Erbe. Das steht
in dem Buch "Geliebter Montag!" Die erfolgreiche Umsetzung biblischer Massstäbe in der Geschäftswelt". Spielt das heute noch eine Rolle in der
Ausbildung ? Wo können junge Unternehmer die praktische Anwendung biblischer Prinzipien in der Wirtschaft lernen ?
Lachmann: Durch Vorbilder. Einige haben dazu auch publiziert. Schon die Puritaner haben sich über das wirtschaftliche Verhalten der Christen
Gedanken gemacht. Die Lektüre von Richard Baxters "Christian Directroy" ist sehr interessant und von ökonomischen und biblischem Tiefgang.
factum: Würden Sie sagen, dass die ökonomischen Ungerechtigkeiten die Folge einer neoliberalen Wirtschaftsweise sind ?
Lachmann: Nein! Wir haben doch keine neoliberale Wirtschaftsordnung - sondern eine bürokratisch kontrollierte und politisch gelenkte Machtwirtschaft.
Die Fehlentwicklungen sind nicht neoliberal bedingt, sondern durch den Charakter der Menschen. Versagt haben Christen und Kirchen, die sich
dem Zeitgeist gebeugt haben und kaum noch eine biblische Linie verfolgen.
factum: Gibt es konkrete Massstäbe für biblisches Handeln ?
Lachmann: Das Verhalten des Einzelnen in der Wirtschaft kann man nicht theoretisch vorschreiben. Mit welchem Recht könnte ich generelle
Vorschriften machen, die für alle Christen gelten ? Jeder muss sein Handeln vor sich selbst und vor Gott verantworten und entscheiden.
factum: Die Schriftstellerin Lea Fleischmann, eine gläubige Jüdin, vergleicht die gegenwärtige Entwicklung in der Wirtschaft mit dem Turmbau
zu Babel: "An Stelle Gottes haben wir das Geld gesetzt, es verbirgt sich unter tausend Begriffen: Wohlstand, Sicherheit, Lebensqualität...
verschiedene Namen für den einen Götzen; die Menschen haben Angst, gegen die Gebote dieses Götzen zu verstossen." Würden Sie das als Christ
auch so sehen ?
Lachmann: Christen sollten Gott nicht durch Geld ersetzen. Das wäre ein Abgesang des Christentums. Der Mensch ist in allen Wirtschaftsordnungen
gleich - nur sind die Chancen zur Realisierung des Guten wie des Bösen in einer freiheitlichen Ordnung grösser. Christen sollten nicht
lamentieren, sondern missionieren, sich gegen den Zeitgeist stellen. Sie sollten sich auch nicht durch vermeintliche Wahrheit der Wissenschaft
erschüttern lassen.
Bestimmte Arten von Wissenschaft sind Ideologie mit dem Ziel der Manipulation, zum Beispiel wenn Gott durch Zufall ersetzt wird ode die
Schöpfung durch das Prinzip Selbstschöpfung. Ohne Gott hat der Mensch kaum noch Wertmassstäbe, die langfristig tragen.
factum: Der Prophet Amos geisselt die Beteiligung an Ausbeutung und Bereicherung als Götzendienst. Ist der Konsum heute zum Gottesdienst
geworden, das Geld zum goldenen Kalb ?
Lachmann: Amos geisselte das Verhalten der religiösen, wirtschaftlichen und politischen Eliten, weil sie Gottesrecht missachteten. Eine
gewisse Analogie zu heute lässt sich ziehen!
factum: Die Bibel lehrt (2.Tim. 2,6), dass der Ackerbauer, der sich müht, als Erster Anteil an den Früchten haben muss. Das scheint heute
nicht der Fall zu sein. Was sind die Folgen dieser Umkehrung ?
Lachmann: Das ist so, weil der Wettbewerb nicht mehr funktioniert. Der Mächtige kann ausbeuten, weil er durch Wettbewerb nicht beschränkt
wird. Die Bibel spricht von diesem Zusammenwirken von Mächtigen in der Wirtschaft und Politik, und auch von ihrem Ende. Das kann man in
Jesaia 23, Hesekiel 27 und in Offenbarung 18,9 und folgende nachlesen.
Ökonomische Imperien baut man mit Hilfe der politischen Führer. In Offenbarung 18,23 b heisst es "..denn deine Kaufleute (Konzernherren) waren
die Grossen der Erde; denn durch deine Zauberei sind alle Nationen verführt worden." Die politische Förderung der Konzentration und die
Ausbeutung des Mittelstandes ist unbiblisch und führt schliesslich in eine gesellschaftliche Katastrophe.
factum: Der Sozialkritiker Morris Bermann sagte einmal, wenn eine Kultur den Punkt erreicht hat, an dem Geld und Konsum die wichtigsten Werte
geworden sind, "dann ist diese Kultur wirklich am Ende". Birgt die gegenwärtige Entwicklung eine Gefahr für unsere liberalen Demokratien, für
die Kulturgesellschaften des Westens ?
Lachmann: Möglich! Man denke nur an den Untergang Roms oder die Aussagen der Offenbarung.
factum: Vertragen sich Wettbewerb und Moral ?
Lachmann: Ja! Wie es im Sport sein sollte, wird der Verlierer im Wettkampf dem Gewinner gratulieren und versuchen, ihn im nächsten Spiel zu
schlagen! Allerdings müssen Wettbewerbsregeln eingehalten werden, was heute leider auch im Sport nicht mehr üblich ist, wie das Thema Doping
zeigt. Leistungswettbewerb sichert Moral. Wer betrügt, wird vom Markt abgestraft. Moralkapital geht in Bürokratien und Grosskonzernen sowie
im Sozialismus verloren. Dort gibt es immer wieder beanstandete Korruptionsfälle.
factum: Wissenschaftler haben festgestellt, dass weniger die Dauer der am Arbeitsplatz verbrachten Zeit für den Erfolg des Unternehmens
entscheidend ist, sondern die Freude und Begeisterung, mit der sich Beschäftigte für ihr Unternehmen einsetzen. Menschen, die sich mit ihrem
Unternehmen idendifizieren und sich angenommen fühlen, leisten mehr als Menschen, die sich nur als "Kostenstelle" bewertet sehen. Was bedeutet#
das für christliche Unternehmer ?
Lachmann: Danach zu handeln und den Arbeitnehmer als Mitchristen und Menschen sehen! Schon die alten Griechen kannten den Unterschied zwischen
der Länge der Zeit (chronos) und der Qualität der Zeit (kairos). Eine kluge Unternehmensführung versucht, die Qualität der Zeit durch das
richtige Betriebsklima zu steigern.
factum: Gibt des historische Beispiele dafür, dass eine starke Zustimmung zu christlichen Werten in einer Bevölkerung die wirtschaftliche
Entwicklung, die Wohlfahrt gemehrt hat ?
Lachmann: Ja, die unterschiedliche Entwicklung von Nord- und Südamerika wäre hier zu nennen. Auch die Niederlande wären ein Beleg für diese
These von Max Weber. In Deutschland sind Erweckungsgebiete wie das Siegerland oder Baden-Württemberg zu erwähnen, die wirtschaftlich besser
abschneiden als der Durchschnitt. Es gibt auch internationale Studien, die dieses Factum in der Dritten Welt feststellen. Die Mennoniten in
Paraguay heissen dort Mammoniten - weil sie so wohlhabend geworden sind.
factum: Was hat ein Unternehmer davon, wenn er nach ethischen oder nach biblischen Massstäben wirtschaftet ?
Lachmann: Einen guten Ruf, der sich langfristig auszahlt, und ein gutes Gewissen!
factum: Was sind die Prinzipien eines christlich verantworteten Unternehmertums ?
Lachmann: In Verantwortung vor Gott, der Natur und den Menschen, die ihm anvertraut sind, gute Produkte zu produzieren.
factum: Herzlichen Dank für das Gespräch.