Autobahnkirchen in Deutschland
Ob zu Fuß, mit Pferd und Wagen oder mit dem Auto - seit der Mensch lebt, ist er "unterwegs". Die Geschichte der mobilen Gesellschaft führt bis ins Alte Testament zurück. Bereits im 1. Buch Mose
12, 1 werden in der Berufung Abrahams und dem damit verbundenen Auftrag, sein Land zu verlassen und dem Auszug der Israeliten aus der Knechtschaft von Ägypten, erste Hinweise auf Mobilität gegeben.
Bis heute hat sich die Mobilität der Menschen in nahezu allen Lebensbereichen rasant entwickelt. Die Indusriealisierung steigerte die Mobilität der Menschen dabei um ein Vielfaches. Nach dem Zweiten
Weltkrieg und im Verlauf der Wiederaufbauphase in den 1950er Jahren kam es zu einem tiefgreifenden Strukturwandel, verbunden mit einer bisher nicht gekannten indivduellen und beruflichen Mobilität.
Grundlage und Bedingung hierfür waren Verkehrswege, die schnelle und reibungslose Überwindung immer größerer Entfernungen ermöglichten. Während das Autobahnnetz sich relativ konstant über rund 12000 km
Länge erstreckt, hält die Zunahme des Kfz-Bestands unvermindert an, die Konzentration des Verkehrs dadurch auf Autobahnen ebenfalls. In Zeiten der stetig wachsenden Verkehrsbelastungen befinden sich
Fahrerin und Fahrer in einer extrem spannungsreichen Situation. Der teilweise hohe Geräuschepegel im Auto, die Flut visueller Eindrücke, der Zwang, sich ununterbrochen zu konzentrieren sowie eine sehr
geringe Bewegungsfreiheit sind wesentliche Faktoren physischer und psychischer Belastung. Diese Belastungen machen Ruhepunkte am Rande der Fahrban notwendiger.
Bereits im Mittelalter wurden dem Wanderer, Pilger und Reisenden Andachtsmöglichkeiten in Form von Kapellen udn Kreuzen am Wegesrand angeboten. Sie sollten einerseits als Orte des Gebetes dienen,
andererseits Menschen mahnen, sich wieder auf Gott zu besinnen. Eine den veränderten gesellschaftlichen Lebensräumen angepasste Form der traditionellen Wegekapellen und -kreuze sind Autobahnkirchen
und -kapellen. Sie laden auch Menschen ein, die den oben genannten physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind. So können und wollen Autobahnkirchen und -kapellen als Gegenpol zu unserer
schnelllebigen und unverbindlichen Zeit Orte sein, an denen Menschen auf der Suche nach Begegnung mit Gott oder sich selbst Ruhe und Besinnung finden.
Autobahnkirchen stehen entweder an Autobahnrastätten, an Autohöfen oder in unmittelbarer Nähe einer Autobahnabfahrt. Sie sind tagsüber mindestens von 8.00 bis 20.00 Uhr geöffnet, manche von ihnen
auch rund um die Uhr.
Rund eine Million Menschen besuchen jedes Jahr eine Autobahnkirche. Die Besucher schätzen in Autobahnkirchen vor allem die Ruhe und Anonymität. Dass überwiegend kein Seelsorger anwesend ist, stört nicht.
Viele Besucher nutzen das "Anliegenbuch", um ihre Gedanken festzuhalten, viele zünden eine Kerze an und geben eine Spende.
Die erste Autobahnkirche in Deutschland wurde im Jahre 1958 in Adelsried an der A8 eingeweiht. Da bis heute stetig neue Autobahnkirchen und -kapellen gebaut und eröffnet werden, wurde es gleichzeitig
unabdingbar, inhaltliche Überlegungen anzustellen und pastorale Konzepte zu entwickeln.
Die Akademie Bruderhilfe-Pax-Familienfürsorge, eine Einrichtung der Versicherer im Raum der Kirchen mit Sitz in Kassel, koordiniert und unterstützt seit Anfang der 1980er Jahre strukturell den Ausbau
des Autobahnkirchennetzes. Sie ist Ansprechpartner für die die Kirchen und -kapellen betreffenden Anliegen und steht für alle Interessierte für weitere Anfragen gern zur Verfügung.
Durch die Akademie Bruderhilfe-Pax-Familienfürsorge wurde in 2007 eine Befragung von Besuchern in Autobahnkirchen in Auftrag gegeben. Danach sind die Besucher
x eher männlich als weiblich
x eher verheiratet mit Kindern als alleinstehend
x eher katholisch als evangelisch
Zwei von fünf Besuchern sind kirchlich distanzierte Personen. Die Autoren der Studie bezeichnen den typischen Besucher als "Autobahnkirchensponti", dessen Besuch "eine ungeplante Kurzweilinsel
zum religiösen Auftanken" darstellt.
Weitere Informationen können unter www.autobahnkirche.de abgefragt werden.