Der Dengelstein
Der Nordrand des Illergletschers schmolz im Zeitraum zwischen etwa 18.000 und 15.000 Jahren allmählich ab. Er verlagerte sich so vom Bereich seiner maximalen Ausdehnung bei Altusried und Obergünzburg nach und nach zurück auf die Pforte des Illertales bei Sonthofen. Die Findlinge blieben verteilt im Gelände liegen, als langer Streifen, der vom Nordhang des Rottachberges über den Kemptener Wald bis zum Klosterfrauenholz nördlich der B12 zu verfolgen ist.
So entstand eines der großflächigsten Findlingsfelder des Alpenvorlandes mit einer ungewöhnlichen Häufung von Riesenfindlingen. Leider sind viele von ihnen im letzten Jahrhundert zur Gewinnung von Baumaterial zerstört worden.
Der Dengelstein ist einer der wenigen noch erhaltenen Riesenfindlinge, er besteht wie die anderen aus Nagelfluh. Bei einer obergägig sichtbaren Größe von ca. 8x17x21m besitzt er ein Volumen von mindestens 3000 cbm und ein Gesamtgewicht von rund 7900 Tonnen.
Der Dengelstein als Bodendenkmal
Von der viereckigen Graben- und Wallanlage, die den Findlingsblock ehemals umgeben hat, sind heute nur noch der etwa 50 m breite Südteil und Abschnitte im Osten und Westen deutlich erkennbar erhalten. Eine Planzeichnung von 1913 zeigt die Anlage noch vollständiger, allerdings
war schon damals die Nordseite der Einfriedung verschwunden.
Der Graben, der das markante Naturdenkmal umschloss, war wohl nie besonders tief und nur 2-3 m breit. Auch der Wall, der aus dem Grabenaushub aufgeschüttet worden ist, diente wahrscheinlich eher der Begrenzung und Markierung dieses besonderen Platzes als der Verteidigung.
Über die ehemalige Funktion dieser Graben- und Wallanlage, die bislang nicht archäologisch untersucht wurde, werden seit dem letzten Jahrhundert immer neue Vermutungen angestellt. Hielten die einen den Ort für eine uralte Kultstätte, einen "germanischen heiligen Hain" in Kombination mit einem Gerichts- und Versammlungsort, so dachten andere Heimatforscher an eine keltische Viereckschanze oder - noch profaner- an eine Viehberge.
Bodenfunde aus der Anlage am Dengelstein sind bisher nicht bekannt, so dass auch die zeitliche Einordnung des Grabenwerks viel Raum für Spekulationen lässt.
Hier noch die Sagen über den Dengelstein:
Die Sage vom Dengelstein
Von Betzigau nach Görisried führt eine meist nur von Holz- und Ökonomiefuhrwerken benutzte Straße durch den Kempterwald. Etwas abseits derselben beim Weiler Stein sieht man auf einsamer Waldblöße einen hohen Nagelfluhfelsen, der von ferne fast die Gestalt
eines verfallenen Turmes hat. Man heisst diesen Felsen den Dengelstein. Sieht er von ferne gar nicht viel gleich, so wächst er mit jedem Schritt, den man näher an ihn herankommt. Man sagt ihm allerlei Ungerades nach.
Oft hört man in der Nacht vom Dengelstein her ein seltsames Klingen und Hämmern, ähnlich wie wenn der Bauer auf dem Dengelstock die Sensen schärft. Die Alten sagen dann, das bedeute nichts Gutes, und es soll der Böse dahinter sein. Will der Tod ein großes
Loch in die streitsüchtige Menschheit mähen, so bestellt er den Teufel zum Dengelstein und sagt: "Dengle scharf!" und dann hört man zeitweise dieses wunderliche Klingen und Hämmern, wie es bald leise, bald deutlicher durch die stille Nacht zieht und manches furchtsame
Gemüt ängstigt. "Bhüt uns der Herr!" spricht das fromme Ahle in der Stille, macht drei Kreuze und betet sich mit ein paar Vaterunser eine schlaflose Stunde hinweg.
Der Drache vom Dengelstein
Tief im Kempter Wald bei Betzigau liegt ein Nagelfluhfelsen, der den Namen "Dengelstein"trägt. Nicht weit davon auf einer Waldwiese mähte einmal einer von Betzigau mit seinem Weib. Die war eine gewalttätige, böse Person. Alle daumenlang verlagnte sie von ihrem Manne,
dass er ihr die Sense schärfe. Und wenn er meinte, er habe sie ja gerade gedengelt und sie schneide schon noch, dann schlug ihn das Weib und beschimpfte ihn dermassen, dass die Tiere des Waldes Mitleid hatten mit dem armen Mann. Einmal hatte der Mann die Sense auf den Felsen gelegt und dengelte laut zum Keifen seines Weibes. "Wenn du nur gleich an dem Stoi angschmiedet wärst und lebenslang dengle müsstesch, du Drache!" sagte er dabei leise vor sich hin. Sogleich ging dieser fromme Wunsch in Erfüllung:
Das Weib war ein wüster Drache, der mit einem Arm an den Dengelstein geschmiedet war. In den Krallen dieses Armes hielt er eine Riesensense, die er fortan mit einem großen Hammer dengeln sollte. Aber was der Drache mit einem Schlag zu Recht brachte, das verdarb
er mit dem nächsten wieder, und so war für die ganze Arbeit kein Ende abzusehen. Daher solle es kommen, dass man vom Dengelstein her durch den Wald die ewig gleichbleibenden Dengelschläge hört.
Eine spätere Sage behauptet, der Tod lasse sich vom Dengeldrachen seine Sense richten, wenn er "ein großes Loch in die streitsüchtige Menschheit mähen wolle". Deswegen fürchten die alten Leute, wenn sie die bekannten Dengelschläge vom Wald her hören, dass ein
großes Sterben komme durch Hunger oder Pest. Oder sie sagen auch, die Werbetrommel käme nach. Dann gibt es Krieg und der Tod mäht die Jungen.
Der Dengelstein ist in folgender Tour zu finden: